
Nach dem Rücktritt der britischen Premierministerin Liz Truss bereitet die konservative Tory-Fraktion unter Hochdruck die Wahl eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin vor. Als aussichtsreiche Kandidaten gelten Ex-Finanzminister Rishi Sunak oder das Kabinettsmitglied Penny Mordaunt sowie Ex-Innenministerin Suella Braverman als Vertreterin des rechten Parteiflügels. Für die größten Spekulationen sorgt jedoch eine erneute Kandidatur des skandalgeplagten Ex-Premiers Boris Johnson.
Die "Times" schrieb, der erst im Sommer aus dem Amt geschiedene Politiker nehme an, eine erneute Kandidatur sei im "nationalen Interesse". Johnson, der nach der "Partygate"-Affäre und vielen weiteren Skandalen Anfang Juli zum Rücktritt gezwungen worden war, hat noch immer eine loyale Unterstützerbasis. In Umfragen unter Parteimitgliedern schnitt er zuletzt wieder gut ab. Andere Tory-Abgeordnete warnen vor einem Johnson-Comeback. Aber auch bei anderen Bewerbern gibt es in der tief gespaltenen Partei keine Einigkeit.
Spätestens am Freitag nächster Woche soll ein neuer Regierungschef oder eine -chefin gewählt sein. Um ins Rennen zu gehen, brauchen Kandidaten den Rückhalt von mindestens 100 Abgeordneten, wie die Partei noch am Donnerstag bekanntgab. Bis Montag können Nominierungen eingehen. Schaffen mehr als zwei Kandidaten diese Hürde, sollen zwischen ihnen Abstimmungen in der Fraktion stattfinden. Gibt es zwei Finalisten, kann sich die Parteibasis zwischen diesen im Laufe der Woche in einem Online-Votum entscheiden.
"Wir sind uns sehr bewusst über die Notwendigkeit im Sinne des nationalen Interesses, dies sehr schnell und klar zu regeln", sagte der Chef des zuständigen Fraktionskomitees, Graham Brady. Im Sommer hatte sich die Findung der neuen Parteichefin wochenlang hingezogen.
Bis zum Wechsel bleibt die scheidende Regierungschefin Liz Truss im Amt. Die 47-Jährige hatte am Donnerstag nach massiver Kritik aus den eigenen Reihen ihren Rücktritt angekündigt. Sie geht damit als Premierministerin mit der kürzesten Amtszeit jemals in die Geschichtsbücher ein. Truss räumte ein, ihre Vision des radikalen Wirtschaftswachstums, für die ihre Partei sie gewählt habe, nicht mehr umsetzen zu können.