
Nach Ansicht des Kreml sind westliche Hilfen Grund für ukrainische Ablehnung von Verhandlungen
Der Kreml hat auf Forderungen von US-Präsident Joe Biden nach einem Kriegsende in der Ukraine reagiert und einen Abzug der eigenen Truppen von dort ausgeschlossen. "Die militärische Spezialoperation geht selbstverständlich weiter", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. "Aber zugleich war, ist und bleibt Präsident Wladimir Putin offen für Kontakte, für Verhandlungen", fügte Peskow hinzu.
Biden hatte zuvor erklärt, für ein Gespräch mit Putin nur offen zu sein, falls Russland zu einem Ende des Kriegs gegen die Ukraine bereit sei. "Aber Tatsache ist, dass ich keine unmittelbaren Pläne habe, Herrn Putin zu kontaktieren", sagte Biden am Donnerstag. "Ich bin bereit, mit Herrn Putin zu sprechen, wenn seinerseits tatsächlich ein Interesse besteht, und er nach einer Möglichkeit sucht, den Krieg zu beenden. Das hat er bisher nicht getan." Sollte dies der Fall sein, wolle er sich mit den Verbündeten beraten.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat unterdessen erstmals seit Mitte September mit Kremlchef Wladimir Putin am Telefon über den seit gut neun Monaten andauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gesprochen. Der Kreml teilte dazu am Freitag in Moskau mit, Putin habe aufmerksam gemacht auf "die zerstörerische Linie westlicher Staaten, einschließlich Deutschlands, die das Kiewer Regime mit Waffen aufpumpen und das ukrainische Militär ausbilden". Dies sowie finanzielle Hilfen führten dazu, dass die Ukraine Verhandlungen mit Russland ablehne, behauptete Moskau.
Putin forderte der Mitteilung zufolge Scholz zudem auf, die deutsche Politik im Zusammenhang mit der Ukraine auf den Prüfstand zu stellen. Außerdem verteidigte der Kremlchef die jüngsten massiven Raketenangriffe gegen die Ukraine als Antwort auf "Provokationen Kiews" gegen die zivile Infrastruktur in Russland, darunter die von einer Explosion schwer beschädigte Brücke zur annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie Energieobjekte.
Erneut forderte Putin nach Kremlangaben auch eine Aufklärung des "Terroranschlags" gegen die Ostseepipelines Nord Stream 1 und 2 durch transparente Ermittlungen - und zwar unter Beteiligung russischer Behörden. Explosionen hatten Löcher in Leitungen gerissen.
Das russische Militär hat nach seinem Rückzug vom Westufer des ukrainischen Flusses Dnipro nach Einschätzung britischer Geheimdienste mit logistischen Herausforderungen zu kämpfen. Die Ukrainer hätten russische Logistikknoten und Kommunikationskanäle zuletzt leichter angreifen können, weshalb Moskau die Knotenpunkte mutmaßlich weiter gen Süden und Osten verlagere, hieß es am Freitag im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Viel Ausrüstung müsse von der Schiene auf die Straße verlagert werden - auf der Straße seien die Transporte wiederum leicht angreifbar.
Munitionslücken im russischen Arsenal, die durch solche logistischen Herausforderungen verstärkt würden, seien wahrscheinlich die Ursache dafür, dass die russischen Streitkräfte derzeit kaum effektive Bodenoffensiven durchführen könnten, hieß es von den Briten.
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