
Auf die Frage, ob er eine deutsche Zustimmung zu Polens angekündigter Leopard-Panzer-Lieferung an die Ukraine begrüßen werde, sagte Stoltenberg: "Meine Botschaft ist, dass die Alliierten mehr liefern müssen, schwereres Gerät liefern müssen, Ausrüstung, Kampfsysteme für die Ukraine. Und das ist absolut dringlich notwendig." Er begrüße sämtliche Ankündigungen rund um die Kampfpanzer seitens der Alliierten. "Wenn wir also wirklich eine Lösung haben wollen, wo die Ukraine als souveränes Land und freies Land überlebt, dann ist es absolut wichtig, so zu handeln."
Es sei natürlich so, dass die meisten Kriege am Verhandlungstisch endeten. Aber die Position der Ukraine und das, was sie erreichen können, hänge unmittelbar davon ab, wie ihre Position auf dem Schlachtfeld sei, sagte Stoltenberg.
Die Ukraine braucht nach eigenen Angaben "einige hundert" Kampfpanzer für die angestrebte Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete. "Jeder Panzer, der kampffähig ist, muss heute an unserer Front sein", schrieb Präsidentenbürochef Andrij Jermak am Montag beim Nachrichtenkanal Telegram. Ohne einen Sieg der Ukraine mit einer Rückkehr zu den Grenzen von 1991 und der Bestrafung Russlands werde es weder eine stabile Entwicklung noch eine klare Weltordnung geben. "Das ist eine Front der Zivilisation gegen Rückständigkeit und Barbarei aus den Sümpfen", betonte der 51-Jährige im Hinblick auf Moskau.
In der Diskussion über eine Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine lässt die US-Regierung nach außen keine Spannungen mit Deutschland erkennen. Deutschland sei ein treuer und verlässlicher Partner, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums in Washington, Ned Price, am Montag. Die Lieferung von Militärgütern sei eine souveräne Entscheidung eines jeden Partners. Und Deutschland habe schon viel Hilfe geleistet, sagte Price - und wiederholte damit die offizielle Position seiner Regierung der vergangenen Tage. Die USA legen nach seinen Worten großen Wert auf Einstimmigkeit innerhalb der Koalition gegen Russland, das vor knapp einem Jahr die Ukraine überfallen hatte. Sie sei unabdingbar für die Schlagkräftigkeit des westlichen Bündnisses.
Price deutete aber an, dass sich die Position Deutschlands mit Blick auf die Leopard-Panzer womöglich bald ändern könnte. "Wenn ich die Schlagzeilen lese, dann habe ich den Eindruck, dass wir von unseren deutschen Partnern in den kommenden Stunden oder Tagen mehr hören könnten", sagte Price.
Die Ukraine wehrt seit knapp elf Monaten eine russische Invasion ab. Kiew ist dabei finanziell und rüstungstechnisch nahezu vollständig vom Westen abhängig. Zuletzt hatte Kiew aus Tschechien modernisierte Panzer sowjetischer Bauart erhalten. Großbritannien, Polen und Finnland stellten Kiew westliche Panzer, darunter Leopard aus deutscher Produktion, in Aussicht. Bundeskanzler Olaf Scholz zögert seit Wochen eine Entscheidung über die Lieferung der Leopard-Kampfpanzer hinaus.
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