
Präsident Selenskyj lässt Beteiligung an der Explosion auf der Krim-Brücke offen
Eine schwere Explosion auf der für Russland wichtigen Krim-Brücke hat international Befürchtungen vor einer weiteren Eskalation des Konflikts geweckt. Doch Moskau blieb - zumindest am Samstag - eine schnelle und klare Antwort schuldig. Die ukrainische Führung ihrerseits übt sich in Schadenfreude, ohne offiziell die Verantwortung für den mutmaßlichen Anschlag zu übernehmen. Am Abend wurde der Verkehr über die Brücke im begrenzten Umfang wieder aufgenommen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ließ eine Beteiligung seines Landes an der Explosion auf der Krim-Brücke offen. In der Ukraine sei es großteils sonnig und warm gewesen, "auf der Krim leider bewölkt, obwohl auch dort warm", sagte er in seiner täglichen Videoansprache in Anspielung auf die morgendliche Detonation an der Brücke. Näher ging er auf den Vorfall nicht ein. Anschließend forderte er die Russen einmal mehr zur Aufgabe und Flucht auf. Das sei ihre beste Option, um am Leben zu bleiben. Es werde eine Zukunft ohne Besatzer geben in der Ukraine. "Auf unserem ganzen Territorium, insbesondere auf der Krim", sagte er.
Die für Russland strategisch und symbolisch wichtige Krim-Brücke war am frühen Samstagmorgen von einer schweren Explosion erschüttert worden. Videos zeigen große Zerstörungen. Die genauen Hintergründe sind noch unklar. Russischen Angaben zufolge ist ein Lastwagen explodiert. Dadurch sollen nach Darstellung russischer Ermittler weiter entfernt gleich sieben Kesselwagen mit Diesel in Brand geraten sein. Außerdem stürzten Teile der Brückenautobahn ins Meer. Mindestens drei Menschen sollen dabei getötet worden sein.
Vor Selenskyj hatten bereits mehrere hochrangige Politiker aus der Umgebung des ukrainischen Präsidenten die Spekulationen um eine Tatbeteiligung Kiews angeheizt. Der Sekretär des ukrainischen Sicherheitsrats, Olexij Danilow, veröffentlichte am Samstag auf Facebook Aufnahmen von dem teils zerstörten Bauwerk, das Russland und die 2014 von Moskau annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim verbindet. Daneben stellte er ein Video, das die Hollywood-Legende Marilyn Monroe (1926 - 1962) zeigt, wie sie im Jahr 1962 für den damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy das Geburtstagsständchen "Happy Birthday, Mr. President" singt. Der russische Präsident Wladimir Putin feierte am Freitag seinen 70. Geburtstag.
Der Berater des Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak, wiederum twitterte zunächst: "Alles Illegale muss zerstört werden, alles Gestohlene muss an die Ukraine zurück." Ein paar Stunden später ruderte er mit kryptischen Äußerungen zurück. Er stellte den Anschlag als Konkurrenzkampf zwischen russischer Armee und Geheimdienst FSB dar. Der FSB versuche die Armeespitze auszuwechseln und sei nun plötzlich selbst angeschlagen, weil er den Angriff auf die Brücke verschlafen habe. "Ist es nicht offensichtlich, wer die Explosion verursacht hat?", übte er sich in Verschwörungstheorien.
Dabei war offiziell der FSB gar nicht zuständig. Die Aufgabe teilten sich bisher Verteidigungsministerium, Nationalgarde und Verkehrsministerium. Putin wies den Geheimdienst erst nach der Explosion per Dekret an, die Kontrolle über die beschädigte Krim-Brücke zu verschärfen. "Dem FSB werden die Vollmachten übertragen zur Organisation und Koordination von Schutzmaßnahmen für den Transportweg über die Meerenge von Kertsch, für die Strombrücke der Russischen Föderation auf die Halbinsel Krim und die Gaspipeline vom Gebiet Krasnodar zur Krim", heißt es in dem Dekret.