
Präsidentenwahl: Brasilien steht am Scheideweg
Bei der Präsidentenwahl heute entscheidet sich, ob der rechte Staatschef Jair Bolsonaro im Amt bleibt oder der linke Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva nochmals vier Jahre an die Macht kommt. Die Richtungswahl im größten Land Lateinamerikas hat aber auch Auswirkungen auf den Rest der Welt.
Das Amazonasgebiet mit seiner riesigen Artenvielfalt ist im Kampf gegen den Klimawandel bedeutend. Der Regenwald bindet immense Mengen des Klimagases CO2 und spielt für das Weltklima eine große Rolle. In Bolsonaros Amtszeit haben Abholzung und Brände wieder deutlich zugenommen.
Er will noch mehr Flächen für Landwirtschaft, Bergbau und Energiegewinnung erschließen. Kritiker werfen ihm vor, Bauern, Holzfäller und Goldsucher zu illegaler Landnahme zu ermutigen. Kontrollbehörden seien systematisch geschwächt worden.
Zwar war Lula ist seinen ersten beiden Amtszeiten auch nicht gerade als Grüner bekannt, kündigte nun aber für den Fall eines Wahlsiegs eine neue Umwelt- und Klimapolitik an. "Diese Wahl wird zeigen, ob die Brasilianer für oder gegen das Klima und den Umweltschutz stimmen", sagt die Koordinatorin des Instituts für Klima und Gesellschaft in Rio de Janeiro, Marina Marçal.
Angesichts der gestiegenen Preise für Lebensmittel und Energie wegen des Ukraine-Kriegs dürfte Brasilien als Lieferant an Bedeutung gewinnen. Das Land gehört zu den größten Exporteuren von Soja, Rindfleisch, Kaffee und Zucker.
Nach Berechnungen der staatlichen Agrar-Forschungsagentur Embrapa produziert es Nahrungsmittel für 780 Millionen Menschen - knapp ein Zehntel der Weltbevölkerung. Die Agrarindustrie wird nach Einschätzung der deutschen Wirtschaftsförderungsgesellschaft GTAI noch wichtiger.
Bezüglich des Handelsvolumens ist Brasilien weltweit zweitgrößter und bezüglich des Ausfuhrwerts fünftgrößter Exporteur von verarbeiteten Nahrungsmitteln. Zudem gilt es als Vorreiter bei erneuerbaren Energien - mehr als 80 Prozent des Stroms wird über grüne Energiequellen wie Wasser- und Windkraft sowie Biomasse erzeugt. Für grünen Wasserstoff gibt es auch in Deutschland großen Bedarf.
Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) liegt derzeit auf Eis. Dadurch entstünde die größte Freihandelszone der Welt mit 780 Millionen Menschen. Das Abkommen soll Zölle abbauen und damit den Handel ankurbeln. Gerade in Europa ist der Vertrag umstritten.