
Regierungschefin Truss will nicht aufgeben - Chaos bei den Tories
Acht Minuten. Länger hielt es Liz Truss nicht vor den Journalisten in Westminster aus, als sie ihre steuerpolitische Kehrtwende und den Wechsel an der Spitze des Finanzministeriums verkündete. Der Auftritt am Freitag in der Londoner Downing Street wirkte ungelenk und uneinsichtig. Kurz zuvor hatte die Premierministerin ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng entlassen, nachdem die Steuerpläne der beiden krachend an der Realität gescheitert waren. Seinen Posten soll nun der frühere Außen- und Gesundheitsminister Jeremy Hunt einnehmen.
Doch ob die Regierungschefin die Krise überstehen kann, gilt als fraglich. Truss kassierte am Freitag die Senkung der Unternehmenssteuer wieder ein, die sie zuvor als Herzstück ihrer auf Wachstum ausgerichteten Agenda angekündigt hatte. Damit sollen dem Fiskus 18 Milliarden Pfund (etwa 20,7 Milliarden Euro) in die Kassen gespült werden. Es ist bereits die zweite Kurskorrektur, nachdem die Regierung bereits die Streichung des Spitzensteuersatzes abgeblasen hatte. Doch damit klafft noch immer ein riesiges Loch von etwa 25 Milliarden Pfund in ihrem Haushalt, das sie durch weitreichende Steuererleichterungen selbst hineingerissen hatte.
Doch Truss gab sich alles andere als einsichtig. Sie beharrte darauf, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Teile ihres sogenannten Mini-Budgets seien aber "weitergehender" gewesen und "rascher" gekommen, als die Märkte erwartet hatten, sagte Truss. Sie fügte hinzu: "Wir müssen jetzt handeln, um die Märkte von unserer fiskalischen Disziplin zu überzeugen."
Dazu soll ohne Zweifel Jeremy Hunt beitragen, der langjährige Regierungserfahrung hat. Kritiker wiesen jedoch darauf hin, dass er selbst noch weitergehende Steuergeschenke versprochen hatte, als er sich im Sommer auf die Nachfolge Johnsons bewarb.
Das Problem: Die Anleger hatten schlicht das Vertrauen in die britische Regierung verloren. Die Folge war, dass sowohl der Pfundkurs im Verhältnis zum Dollar in den Keller rauschte, als auch die Rendite für Staatsanleihen stieg. Das bedeutet, die Regierung muss mehr zahlen, um sich am Kapitalmarkt Geld zu leihen. Das wiederum beschleunigte den Anstieg der Zinsen bei Immobilienkrediten. Die Zentralbank sah sich genötigt, mit 19 Milliarden Pfund Anleihen anzukaufen, um den Trend zu stoppen.