
Russische Reservisten kehren zu ihren Familien zurück - Ukrainische Truppen verzeichnen weiter Erfolge
Nach Kritik auch von Kremlchef Wladimir Putin an Fehlern bei der Teilmobilmachung für den Krieg in der Ukraine kehren nach offiziellen Angaben immer mehr Reservisten zu ihren Familien zurück. In der Region Chabarowsk im äußersten Osten Russlands sagte Gouverneur Michail Degtjarjow am Montag, dass von "einigen Tausend" Einberufenen inzwischen die Hälfte zurückgekehrt sei. Sie waren demnach eingezogen worden, obwohl sie nicht den Kriterien entsprachen. Der verantwortliche Leiter des Kreiswehrersatzamtes sei entlassen worden, schrieb Degtjarjow im Nachrichtenkanal Telegram.
Wie es zu den Fehlern kommen konnte, erklärte der Gouverneur nicht. Eingezogen werden sollen im ganzen Land mindestens 300.000 Reservisten, um in den besetzten ukrainischen Gebieten nach zahlreichen Niederlagen der russischen Armee die Stellung zu halten.
Hunderttausende Russen sind ins Ausland geflohen, um nicht in den Kriegsdienst geschickt zu werden. Die von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnte Mobilmachung hatte die größten Anti-Kriegs-Proteste seit Monaten ausgelöst. Es gab auch Brandanschläge auf Einberufungsstellen.
Der russische Präsident hatte selbst vorige Woche gesagt, es müssten alle Fehler bei der Einberufung von Reservisten "korrigiert" werden. Seit Tagen beklagen Reservisten, dass sie etwa trotz tödlicher chronischer Erkrankungen, hohen Alters oder anderer Ausschlusskriterien zum Kriegsdienst eingezogen werden. Wer fehlerhaft an die Front geschickt worden sei, müsse nach Hause zurückkehren, sagte Putin. Das gelte auch für Väter kinderreicher Familien. Der Kremlchef forderte die Generalstaatsanwaltschaft auf, die Verstöße gegen die Mobilmachung zu verfolgen.
Der berüchtigte Chef der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, will eigenen Aussagen zufolge drei seiner minderjährigen Söhne in den Krieg gegen die Ukraine schicken. Die zwischen 14 und 16 Jahre alten Jugendlichen Achmat, Selimchan und Adam seien bereit, ihre antrainierten Kampffertigkeiten nun bei der "militärischen Spezialoperation" einzusetzen, schrieb Kadyrow am Montag auf Telegram. "Und ich scherze nicht. Bald werden sie an die Front geschickt und werden sich an den schwierigsten Abschnitten der Kontaktlinie aufhalten." Dazu veröffentlichte er ein Video, das seine Söhne bei Schießübungen zeigt.
Kadyrow, der für seinen brutalen Führungsstil im muslimisch geprägten Tschetschenien im Nordkaukasus bekannt ist, hat sich seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine als einer der glühendsten Kriegsbefürworter hervorgetan. Er steht auch schon seit langem im Ruf, russische Gesetze ohne Folgen für ihn zu umgehen. Schon mehrfach kritisierte er nach russischen Niederlagen nicht zuletzt die militärische Führung seines Landes scharf und forderte weitreichende Konsequenzen. Kürzlich sprach er sich gar dafür aus, den Einsatz von Atomwaffen mit geringerer Sprengkraft in Betracht zu ziehen.
Angesprochen auf Kadyrows harte Kritik am Verlauf des in Moskau weiter nur als "militärische Spezialoperation" bezeichneten Kriegs sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag lediglich: "Die Regionalchefs haben die Befugnis, ihren Standpunkt zu äußern und Bewertungen abzugeben." Zur geplanten Heranziehung von Kadyrows Kindern als Soldaten äußerte er sich zunächst nicht.