
Russland bereitet nach Berichten den Rückzug seiner Truppen aus der südukrainischen Stadt Cherson vor
Westlichen Sicherheitskreisen zufolge soll Russland den Rückzug seiner Truppen aus der südukrainischen Stadt Cherson vorbereiten. Die Russen hätten wohl entschieden, dass "die Stadt den Kampf nicht wert" sei, sagte ein hochrangiger Beamter einer westlichen Regierung am Donnerstag in einem Hintergrundbriefing vor Journalisten. Allerdings sei es immer möglich, dass sich die Militärführung kurzfristig umentscheide, auch wenn derzeit alles auf einen Rückzug hindeute, schränkte er ein.
Cherson liegt am rechten Ufer des Dnipro und war von Russland gleich zu Beginn des Angriffskriegs erobert worden. Ende September annektierte Kremlchef Wladimir Putin Cherson als eins von vier ukrainischen Gebieten auch offiziell für Russland. Die Lage der russischen Truppen westlich des Flusses hat sich aber gleichzeitig deutlich verschlechtert. Die ukrainischen Truppen haben systematisch die Nachschubwege der Russen über den Dnipro zerstört und rückten Anfang Oktober bei ihrer Gegenoffensive weiter auf die Stadt vor.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland vorgeworfen, die Sprengung eines Damms an einem Wasserkraftwerk in der Südukraine vorzubereiten, was zu einer "großen Katastrophe" führen würde. Der Kachowka-Staudamm am Dnjepr sei nach ukrainischen Angaben von russischen Streitkräften vermint worden. Der Damm ist unter russischer Besatzung, aber ukrainische Truppen nähern sich. Russland hat der Ukraine bereits vorgeworfen, Raketen auf den Kachowka-Staudamm abgefeuert zu haben. Der Damm bietet Russland auch eine der wenigen verbleibenden Routen über den Dnipro in der teilweise besetzten Region Cherson.
Von Russland eingesetzte Behörden in Cherson haben die Vorwürfe der Ukraine über eine Verschwörung zur Zerstörung des Damms zurückgewiesen. Sie machten ukrainische Streitkräfte für einen Angriff auf einen anderen wichtigen Übergang, die Antoniwski-Brücke, verantwortlich. Vier Menschen seien getötet worden, darunter der Leiter eines Fernsehsenders, teilten Beamte mit. Russland begann diese Woche mit der Evakuierung seiner Stellvertreterbehörden in Cherson, sagte aber auch, dass 50-60.000 Zivilisten ebenfalls abreisen würden, eine Maßnahme, die von den Kiewer Behörden als Zwangsabschiebungen verurteilt wurde.