Medwedew sagte weiter, dass es sich lohne, alle Vorschläge verschiedener Länder für einen Frieden in der Ukraine abzuwägen. "Was die vorgeschlagenen Friedenspläne betrifft, sollten alle in Betracht gezogen werden", sagte Medwedew und kommentierte die von China und anderen Ländern vorgeschlagenen Friedenspläne.
Andriy Yermak, der Leiter des Büros des ukrainischen Präsidialamts, hatte daraufhin auf Telegram einen Teil eines Interviews gepostet, das er mit der Nachrichtenagentur Interfax über die Möglichkeit eines Friedensgipfels geführt hat. Darin sagte er, es sei eher eine Frage des Zeitpunkts und nicht der Frage, ob ein internationaler Gipfel stattfinden werde, sondern dass die Grundlage für die Gespräche der 10-Punkte-Plan von Wolodymyr Selenskyj sein müsse. "Heute ist ein Friedensgipfel nötig. Jeder versteht diese Tatsache. Außerdem akzeptiert jeder als absolut logisches und faires Argument, dass die Grundlage der ukrainische Friedensplan sein sollte: 10 Punkte von Präsident Selenskyj. Jetzt ist die Position der Ukraine klar: Unser Plan ist die Grundlage, aber wir sind bereit, allen Ländern zuzuhören, die unsere Souveränität und territoriale Integrität respektieren. Wir sind bereit, einige Elemente anderer Vorschläge zu akzeptieren."
"Derzeit stellt sich die Frage, wo und wann der Friedensgipfel stattfinden soll. Natürlich möchten wir, dass es so schnell wie möglich stattfindet. Juli wäre ideal. Hierzu laufen derzeit Beratungen. Es ist sehr wichtig, dass dies tatsächlich ein Gipfel ist, an dem die Staats- und Regierungschefs des globalen Südens unbedingt teilnehmen würden. Und meiner Meinung nach sind wir kurz davor, diese Beratungen zum Erfolg zu führen. Wir erwarten eine große Teilnehmerzahl zum Gipfel."
Der von Selenskyj für die Ukraine vorgeschlagene 10-Punkte-Friedensplan lautet wie folgt: 1. Strahlung und nukleare Sicherheit. 2. Ernährungssicherheit. 3. Energiesicherheit. 4. Freilassung aller Gefangenen und Deportierten. 5. Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine und deren Bekräftigung durch Russland. 6. Abzug der russischen Truppen und Einstellung der Feindseligkeiten, Wiederherstellung der Staatsgrenzen der Ukraine zu Russland. 7. Justiz, einschließlich der Einrichtung eines Sondertribunals zur Verfolgung russischer Kriegsverbrechen. 8. Prävention von Ökozid. 9. Verhinderung einer Eskalation von Konflikten. 10. Bestätigung des Kriegsendes, einschließlich eines von den Beteiligten unterzeichneten Dokuments.
Russland wäre zu einem dauerhaftem Frieden in der Ukraine nach eigenen Angaben erst dann bereit, wenn es sich den Großteil des angegriffenen Nachbarlands einverleibt hat. Medwedew skizzierte am Donnerstag drei nach seiner Darstellung wahrscheinliche Szenarien für den Ausgang des Krieges. In der von ihm bevorzugten Variante würden westliche Regionen der Ukraine mehreren EU-Staaten zugeschlagen und die östlichen Russland, während die Einwohner der zentralen Gebiete für den Beitritt zu Russland stimmen.
Bei diesem Ausgang "endet der Konflikt mit ausreichenden Garantien, dass er auf lange Sicht nicht wieder aufgenommen wird", schrieb Medwedew im Online-Dienst Telegram. Sollte hingegen ein unabhängig gebliebener Teil der Ukraine der EU oder der Nato beitreten, sei mit einem Wiederaufflammen der Kampfhandlungen zu rechnen, "mit der Gefahr, dass es schnell in einen vollwertigen dritten Weltkrieg übergehen kann", behauptete der Vertraute von Kremlchef Wladimir Putin.
Bei einem für Moskau nach Medwedews Worten "temporär" annehmbaren Szenario würde die Ukraine im Zuge des Krieges vollständig zwischen EU-Ländern und Russland aufgeteilt, während in Europa eine ukrainische Exil-Regierung gebildet würde. Andere Varianten als diese drei seien nicht realistisch, "das ist allen klar", behauptete Medwedew - auch wenn es einigen im Westen "unangenehm" sei, dies zuzugeben. Die Ukraine bezeichnete er als "sterbenden Staat", der infolge eines verlorenen militärischen Konflikts zerfallen werde.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat unterdessen China für seine "ausgewogene Haltung" im Ukraine-Krieg gedankt. Bei einem Treffen mit dem chinesischen Sondergesandten Li Hui am Freitag in Moskau würdigte Lawrow "die Bereitschaft Pekings, eine positive Rolle bei der Lösung der Krise zu spielen". Das teilte das russische Außenministerium in Moskau mit. Seit Beginn des Kriegs vor 15 Monaten betont Chinas Führung immer wieder, sich für Verhandlungen um ein Ende der Kampfhandlungen einzusetzen. Jedoch gibt China dem russischen Präsidenten Wladimir Putin insgesamt Rückendeckung.
Lawrow warf der Ukraine und dem Westen vor, "ernsthafte Hindernisse" für eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche geschaffen zu haben. Was er genau damit meinte, wurde nicht mitgeteilt. In der Mitteilung nannte Russland die Partner Kiews "westliche Handlanger". Russland sei dagegen bereit für eine politisch-diplomatische Lösung. Ähnlich äußerte sich Putin bei einem Telefonat mit dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, wie der Kreml mitteilte.
Moskau besteht vor möglichen Verhandlungen etwa darauf, dass die Ukraine auf ihre von russischen Truppen besetzten Gebiete verzichtet. Das lehnt die Ukraine entschieden ab. Wie das "Wall Street Journal" unter Berufung auf einen nicht näher genannten Diplomaten schrieb, soll Li Hui Europa aufgefordert haben, Russland die im Osten der Ukraine besetzten Gebiete zu "überlassen" und auf einen sofortigen Waffenstillstand drängen.
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