
Sorge in Europa vor Rechtsruck nach Parlamentswahlen in Italien
Italien hat sein neues Parlament gewählt - und Europa blickt aus Sorge vor einem Rechtsruck gespannt nach Rom. Mehr als 50 Millionen Bürgerinnen und Bürger waren am Sonntag zur Stimmabgabe aufgerufen. Am Mittag zeichnete sich eine eher schwache Wahlbeteiligung ab. Erste Prognosen und dann Hochrechnungen wurden kurz nach Schließung der Wahllokale um 23 Uhr erwartet.
Stärkste Kraft dürfte die rechtsradikale Partei Fratelli d'Italia mit ihrer Vorsitzenden Giorgia Meloni werden. Die Römerin sowie der von ihr angeführte Rechtsblock lag in den Umfragen deutlich vorne, die allerdings letztmals am 9. September veröffentlicht werden durften. Meloni könnte die erste Ministerpräsidentin Italiens werden. Zu ihrer Allianz gehören noch die rechtspopulistische Lega von Matteo Salvini und die konservative Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Nach dem Rücktritt des bisherigen Regierungschefs Mario Draghi steht das Land damit vor einem harten Ruck nach rechts.
Während die meisten Parteichefs schon am Vormittag wählten, verschob Meloni ihre Stimmabgabe spontan auf den Abend. "Lasst uns gemeinsam Geschichte schreiben", hatte sie am Morgen getwittert. Auch ihre Verbündeten setzten am Sonntag wie schon tags zuvor in den sozialen Netzwerken etliche Wahlbotschaften ab. Sie ignorierten damit eine Vorgabe, auf derartige Äußerungen am Vortag und am Tag der Wahl zu verzichten. Die Lega etwa veröffentlichte einige beleidigende Tweets über ihre politischen Gegner.
Wie das Innenministerium mitteilte, hatten um 12.00 Uhr etwa 19,2 Prozent der Italiener ihre Stimme abgegeben, das waren etwas weniger als bei der Wahl 2018 (19,4). Damals hatte das Land am Ende mit knapp 73 Prozent die niedrigste Beteiligung an einer Parlamentswahl in der Nachkriegszeit registriert. Experten prognostizierten dieses Mal eine noch niedrigere Wahlbeteiligung von sogar unter 70 Prozent.
Viele Bürger sind nach dem Sturz der Regierung Draghi frustriert und fühlen sich von keiner Partei vertreten. Die Links- und Zentrumsparteien bekämpften sich im Wahlkampf gegeneinander, statt geschlossen gegen den rechten Block aufzutreten.