
Ukraine Krieg: Selenskyj entschärft Aussagen zum "Präventivschlag" - Weißes Haus bekräftigt Warnung vor Atomwaffeneinsatz
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine umstrittenen Aussagen zu einem "Präventivschlag" gegen Russland in einem Fernsehinterview entschärft. "Man muss präventive Tritte ausführen, keine Angriffe. Wir sind keine Terroristen, wir greifen kein anderes Territorium an", sagte Selenskyj am Freitag in Kiew in einem BBC-Interview auf Englisch. Auch nach all dem Kriegsleid sei die Ukraine noch immer nicht bereit, "Menschen umzubringen, so wie die Russen es tun".
Selenskyj hatte am Donnerstag mit Forderungen nach der entschiedenen Verhinderung eines russischen Atomwaffeneinsatzes für Aufsehen gesorgt. Bei einem Auftritt sagte er: "Was soll die Nato tun? Den Einsatz von Atomwaffen durch Russland unmöglich machen. Wichtig ist aber - ich wende mich wie vor dem 24. Februar deshalb an die Weltgemeinschaft - dass es Präventivschläge sind, damit sie wissen, was ihnen blüht, wenn sie sie anwenden."
Wenig später betonte einer seiner Sprecher, der ukrainische Präsident sei falsch verstanden worden: Selenskyj habe lediglich sagen wollen, vor dem 24. Februar - dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine - seien Präventivmaßnahmen nötig gewesen, um den Krieg zu verhindern. Der Kreml in Moskau verurteilte die Aussagen dennoch scharf als "Aufruf zum Beginn des Dritten Weltkriegs".
In dem BBC-Interview sagte Selenskyj mit Blick auf einen möglichen russischen Einsatz von Atomwaffen: "Sie sind nicht bereit, es zu tun, sie zu benutzen. Aber sie fangen an, zu kommunizieren. Sie wissen nicht, ob sie sie einsetzen werden oder nicht. Aber ich denke, es ist gefährlich, überhaupt darüber zu sprechen." Mit der Besetzung des ukrainischen Atomkraftwerks in Saporischschja sei Moskau bereits einen ersten Schritt gegangen. "Die Welt kann in solchen Fällen ein Sanktionspaket implementieren und alles dafür tun, dass sie das Atomkraftwerk verlassen", sagte Selenskyj.
Nach den drastischen Äußerungen von US-Präsident Joe Biden zu Russlands nuklearen Drohungen hat das Weiße Haus seine Warnung vor einem Atomwaffeneinsatz bekräftigt. "Das Gerede Russlands über den Einsatz von Atomwaffen ist unverantwortlich. Und es gibt keinen Weg, sie ohne unbeabsichtigte Folgen einzusetzen", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, am Freitag. Die USA warnen Moskau seit einiger Zeit davor, dass ein Einsatz taktischer Atomwaffen schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen würde.
Biden hatte bei einem Auftritt am Donnerstag gesagt, die Gefahr einer atomaren Konfrontation mit katastrophalen Folgen sei nach den Drohungen aus dem Kreml so groß wie seit 60 Jahren nicht mehr. "Seit Kennedy und der Kubakrise standen wir nicht mehr vor der Möglichkeit eines Armageddons", sagte Biden laut einer amtlichen Mitschrift.
Er kenne den russischen Präsidenten Wladimir Putin ziemlich gut, er habe ziemlich viel Zeit mit ihm verbracht, sagte Biden demnach. "Er scherzt nicht, wenn er über den möglichen Einsatz taktischer und nuklearer Waffen oder biologischer oder chemischer Waffen spricht, denn sein Militär schwächelt, könnte man sagen."
Zugleich hieß es von der US-Regierung am Freitag erneut, man habe bisher keine konkreten Schritte Russlands zum Einsatz von Atomwaffen gesehen. Die USA hätten auch bislang keinen Grund gesehen, etwas an der Aufstellung ihrer Atomwaffen zu ändern. "Putin kann dies jederzeit deeskalieren, es gibt keinen Grund zur Eskalation", sagte sie.
Unterdessen hat Selenskyj per Dekret die russische Pazifik-Inselgruppe der Südkurilen als Hoheitsgebiet Japans anerkannt. Selenskyj sprach am Freitag von einer Anerkennung der territorialen Unversehrtheit Japans und forderte die Weltgemeinschaft auf, das Gebiet ebenfalls als japanisch anzuerkennen. "Eine wichtige Entscheidung ist heute getroffen worden. Sie ist fair, rechtlich einwandfrei. Historisch", sagte er in einem in Kiew verbreiteten Video. Zuvor hatte das ukrainische Parlament einen entsprechenden Beschluss gefasst.