Die Ukraine brauche "klare" und "positive" Entscheidungen zu ihrem Antrag auf Beitritt sowohl zur NATO als auch zur Europäischen Union, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag auf einem Gipfeltreffen europäischer Staats- und Regierungschefs in der moldawischen Hauptstadt Chisinau. "Dieses Jahr steht für Entscheidungen", sagte Selenskyj. "Im Sommer in Vilnius braucht es beim NATO-Gipfel eine klare Einladung zur Mitgliedschaft der Ukraine und Sicherheitsgarantien auf dem Weg zur NATO-Mitgliedschaft", sagte er. "Positive Entscheidungen für die Ukraine werden positive Entscheidungen für alle sein", fügte er hinzu. Selenskyj wiederholte auch seine Forderungen, den Krieg in der Ukraine nicht zu einem eingefrorenen Konflikt werden zu lassen. " Es sollte keinen Platz für eingefrorene Konflikte und einen Kalten Krieg auf unserem Kontinent geben", sagte Selenskyj und fügte hinzu: "Wenn es keine Sicherheitsgarantien gibt, gibt es nur Kriegsgarantien."
Auf die Frage nach einem möglichen Friedensgipfel für die Ukraine sagte Selenskyj, die Vorbereitungen dafür liefen. Weil man so viele Länder wie möglich dabei haben wolle, sei bislang aber noch kein Datum festgelegt worden. Bei einem Friedensgipfel sollen sich nach den Vorstellungen der Regierung in Kiew möglichst viele Länder hinter eine "ukrainische Friedensformel" stellen. Zu ihr gehören der vollständige Abzug russischer Truppen vom ukrainischen Staatsgebiet, die Freilassung aller Kriegsgefangenen, ein Tribunal gegen russische Kriegsverbrecher sowie Sicherheitsgarantien für die Ukraine.
Selenskyj bedankte sich am Rande des Gipfels zudem bei Gastgeber Moldau für die Aufnahme vieler Kriegsflüchtlinge. Moldaus Präsidentin Maia Sandu wiederum sagte: "Die Ukraine sorgt heute dafür, dass Moldau sicher ist, und wir sind sehr, sehr dankbar dafür." Sandu rief zudem die EU-Staaten dazu auf, weiter in die Ukraine und Moldau zu investieren. "Bitte glaubt an unsere Demokratie und unsere Zukunft in der EU", sagte sie. Diese seien ein Beitrag zur Stabilität und Sicherheit auf dem europäischen Kontinent.
Zu dem Spitzentreffen in dem Nachbarland der Ukraine kamen am Donnerstag neben Selenskyj auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Dutzende andere Staats- und Regierungschefs. In dem von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron initiierten Format wollen die Staaten der Europäischen Union die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern verbessern. Insgesamt waren 47 Staats- und Regierungschefs nach Moldau eingeladen worden, die aus Russland und dessen Partnerland Belarus allerdings nicht.
Die Ukraine könne "ein sehr robustes Paket sowohl politischer als auch praktischer Unterstützung" von der NATO erwarten, wenn das von den USA geführte Militärbündnis im Juli in Vilnius zusammentrifft, sagte US-Außenminister Antony Blinken am Donnerstag. "Jeder hier steht hinter dem Bukarest-Engagement. Das hat sich nicht geändert. Wir konzentrieren uns intensiv darauf, was wir tun können, um die Beziehungen zwischen der Ukraine und der NATO weiter zu stärken und die Ukraine weiterhin auf den NATO-Standard und die Interoperabilität zu bringen", sagte Blinken auf einer Pressekonferenz in Oslo nach einem Treffen des NATO-Außenministeriums Minister. Die Diskussionen in Oslo seien eine Gelegenheit gewesen, "Notizen auszutauschen" über die Unterstützung der Ukraine, die Haltung gegenüber der russischen Aggression und andere Herausforderungen, um sicherzustellen, dass die Verbündeten "vereint und gemeinsam" voranschreiten können, wenn sie sich auf dem Gipfel treffen, sagte der Spitzendiplomat der USA.
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