Wissler wiederholte ihren Appell an Wagenknecht und mögliche Mitstreiter, in dem Zusammenhang ihre Bundestagsmandate abzugeben. "Die Menschen haben die Linke gewählt und unser Wahlprogramm, und da kann man nicht einfach sagen, ich wechsele die Partei und vertrete jetzt etwas ganz anderes, aber ich nehme die Mandate mit. Das halten wir für unverantwortlich."
Sollte Wagenknecht ihre eigene Partei gründen und die Fraktion mit ihren Unterstützern verlassen, wäre der Fraktionsstatus der - derzeit noch 38 - Linken-Abgeordneten im Bundestag verloren, die Mindestzahl nicht mehr erreicht.
"Ich rechne damit, dass wir den Fraktionsstatus im Januar verlieren werden, wenn die neue Partei real gegründet wird", sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch dem "Tagesspiegel". Schon mit weniger als 37 Mandaten würde die Linke ihren jetzigen Status als Fraktion verlieren. Abgeordnete können dann zwar noch eine sogenannte Gruppe bilden. Gruppen haben im Bundestag aber weniger Rechte und bekommen nicht die gleichen finanziellen Mittel wie Fraktionen, etwa zur Beschäftigung von Mitarbeitern und für Veranstaltungen.
Mit einer neuen Partei will Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht eine politische Leerstelle füllen. "Ich spüre, dass es ganz viele gibt, die sich eigentlich von keiner Partei mehr vertreten fühlen", sagte die 54-Jährige am Donnerstagabend bei einer Lesung in Halle/Saale. Schlechte Wahlergebnisse der Linken hätten eine Leerstelle hervorgebracht. Jene Leerstelle tue einer Demokratie nicht gut, so Wagenknecht. "Das führt dazu, dass Menschen wütend werden." Es sei an der Zeit, Neues zu schaffen. Wagenknecht bestätigte damit erstmals öffentlich ihren Entschluss, eine eigene Partei gründen zu wollen.