Kobsew schrieb weiter, er schließe nicht aus, dass Nawalny, der 2020 nur knapp einen Mordanschlag mit dem Nervengift "Nowitschok" überlebte, nun erneut gezielt krank gemacht werde. Er fordere deshalb eine toxikologische und radiologische Untersuchung seines Mandanten. "Das mag für andere wie Unsinn und Paranoia klingen, aber nicht für Nawalny nach Nowitschok", erklärte der Jurist. Nawalny selbst machte für den Anschlag auf ihn damals den russischen Präsidenten Wladimir Putin verantwortlich. Der Kreml wies das zurück.
Nawalnys Vergiftung und die daraus resultierenden rechtlichen Probleme weckten großes Interesse in der russischen Öffentlichkeit und im Ausland. Russland war nach seiner Festnahme Zeuge groß angelegter Proteste gegen die Regierung in Städten im ganzen Land, bei denen die Behörden innerhalb weniger Wochen rund 11.000 Demonstranten festnahmen. Im Juni letzten Jahres wurde Nawalny aus einer Strafkolonie in Pokrov in ein Hochsicherheitsgefängnis in Melechowo im russischen Gebiet Wladimir verlegt.
Während seiner Inhaftierung hat Nawalny dennoch lautstark die russische Invasion in der Ukraine über soziale Medien angeprangert und landesweite Antikriegsproteste als "Rückgrat der Bewegung gegen Krieg und Tod" befürwortet. In einem Tweet über seine Haftbedingungen im vergangenen Jahr versprach er, sich weiterhin zu äußern. "Also, was ist meine erste Pflicht? Das ist richtig, keine Angst zu haben und nicht die Klappe zu halten", schrieb er und forderte andere auf, dasselbe zu tun. "Bei jeder Gelegenheit Kampagne gegen den Krieg, Putin und Einiges Russland. Umarmungen an euch alle."
Nawalny sitzt seit mehr als zwei Jahren unter besonders harten Haftbedingungen in einem Straflager etwa 260 Kilometer nordöstlich von Moskau. Verurteilt wurde er von einem russischen Gericht wegen angeblichen Betrugs, international gilt der prominente Putin-Gegner aber als politischer Gefangener. Immer wieder wurde er in den vergangenen Monaten in eine kleine Einzelzelle verlegt, wo er bereits mehrfach über gesundheitliche Probleme klagte.
Dascha Nawalnaja, die Tochter des inhaftierten russischen Dissidenten Alexej Nawalny, hattw in einem ausführlichen Interview den russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgefordert, den Krieg in der Ukraine zu beenden und ihren Vater und die politischen Gefangenen im Land freizulassen. "Wir werden nicht aufhören zu kämpfen", bis diese beiden Ziele erreicht sind, sagte Nawalnaja. Ihr Vater Nawalny – ein ausgesprochener Kritiker des Kremls und seines Krieges in der Ukraine – verbüßt derzeit eine neunjährige Haftstrafe in einem Hochsicherheitsgefängnis östlich von Moskau, nachdem er letztes Jahr von einem russischen Gericht wegen groß angelegten Betrugs verurteilt worden war.
Dasha sagte, das "Hauptziel" der Arbeit und der Antikorruptionsstiftung ihres Vaters sei "dass Russland ein freier Staat wird, offene Wahlen abhält, Pressefreiheit, Redefreiheit und eben die Möglichkeit dazu hat Teil der normalen westlichen demokratisierten Gemeinschaft zu werden." Sie beschrieb die Erfahrung, in einer Familie aufzuwachsen, die von der Regierung streng überwacht wurde.
dp/pcl
