Wichtig sei nun, nicht "Kitas, Windräder und Panzer" gegeneinander auszuspielen, sagte Wiegand weiter. "Wir brauchen Geld für Soziales, die Energiewende und die Landesverteidigung." Sie äußerte sich damit anlässlich des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Regierung nicht genutzte Milliarden zur Bekämpfung der Corona-Krise nicht für andere Projekte umwidmen durfte. Damit fehlen nun rund 60 Milliarden Euro.
Angesichts der Ausstattungs-Lücken der Bundeswehr habe Deutschland jedoch "keine Zeit zu verlieren und sollte Prioritäten setzen", sagte Wiegand mit Blick auf mögliche Ausgabenkürzungen. Den Beteuerungen in Deutschland, das Zwei-Prozent-Ziel einzuhalten, müssten Taten folgen. "Das Ziel darf nicht durch Haushaltstricks hin gerechnet werden."
Auch Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) hat deutlich mehr Tempo bei der Ausrüstung der Bundeswehr sowie der Nachbeschaffung für das an die Ukraine abgegebene Militärmaterial gefordert. Die richtige und sinnvolle Abgabe von Munition an die Ukraine habe sich "mittlerweile zu einem schwierigen Mangelzustand bei der Bundeswehr entwickelt", sagte der Außen- und Verteidigungspolitiker.
"Entscheidende Truppenteile können maximal zwei Tage in einem Gefecht durchhalten. Und das ist ein insgesamt katastrophaler Befund", sagte Wadephul. "Wer gar von Kriegstüchtigkeit spricht, aber mindestens ja Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr erwartet, der hätte dafür sorgen müssen, dass ein derart schlimmer Zustand nicht eintritt. Aber das Gegenteil ist bedauerlicherweise der Fall."
Der Aufbau der Bundeswehr hin zu verteidigungsfähigen Streitkräften komme kaum voran, kritisierte Wadephul. "Der ist in den Anfängen steckengeblieben und das Stocken ist natürlich mittlerweile auch Verantwortung von Boris Pistorius. Ich erkenne große Ankündigungen, aber wenig tatsächliche Maßnahmen, die zu der von dem Verteidigungsminister selbst beschworenen Kriegstüchtigkeit beitragen", sagte er und stellte fest: "Die Zeitenwende findet für die Bundeswehr derzeit nicht statt."
Vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) neue verteidigungspolitische Richtlinien für eine "kriegstüchtige" Bundeswehr erlassen. Deutschland müsse "das Rückgrat der Abschreckung und kollektiven Verteidigung in Europa sein", erklärte Pistorius. Die letzten verteidigungspolitischen Richtlinien wurden 2011 erlassen. In der veröffentlichten Neuauflage heißt es, die Bundeswehr müsse "in allen Bereichen kriegstüchtig" werden - ein Begriff, mit dem Pistorius jüngst auch Kritik ausgelöst hatte.
Die Vorgaben der neuen Richtlinien werden nun in ein neues Fähigkeitsprofil für die Truppe und in eine Militärstrategie umgesetzt, versprach der Verteidigungsminister. Ziel müsse es fortan sein, die jahrzehntelang vernachlässigte Bundeswehr wieder auf ihren Kernauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung auszurichten, schreiben Pistorius und Breuer im Vorwort der neuen Richtlinien. Dies müsse fortan "strukturbestimmend" für die Armee sein. Alle weiteren Aufgaben seien dieser Kernaufgabe "nachgeordnet", heißt es in den Richtlinien. Dennoch soll die Bundeswehr weiter zu internationalen Kriseneinsätzen in der Lage sein.