Selenskyjs Streben in die Nato ist nach Angaben des Kremls ein Grund für den russischen Angriffskrieg. Selenskyj hatte im Herbst 2022 einen beschleunigten Beitritt seines Landes zur Nato beantragt. Er setzt auf eine bevorzugte Behandlung. Die Bundesregierung und die USA hatten sich dazu zurückhaltend geäußert. Allgemein gilt als Voraussetzung für einen Nato-Beitritt, dass der Beitrittskandidat nicht in internationale Konflikte und Streitigkeiten um Grenzverläufe verwickelt sein darf. Die Ukraine ist am 24. Februar von Russland überfallen worden.
Litauen hatte in dieser Woche beschlossen, sich als Gastgeber des nächsten Nato-Gipfels am 11. und 12. Juli um eine offizielle Einladung an die Ukraine zur Aufnahme in die westliche Militärallianz bemühen. Selenskyj dankte dem baltischen Land für die Unterstützung. Besonders lobte er in seiner Videobotschaft auch die Militärhilfe unter anderem der Nato-Mitglieder Deutschland, Polen und USA, die Waffen und Munition an die Ukraine liefern.
Selenskyj warb einmal mehr auch um Unterstützung von Ländern, die sich anders als der Westen bisher nicht eindeutig von Russland distanzieren. In der Ukraine werde heute für allgemeingültige Werte gekämpft, die allen Völkern nahe seien. "Alle schätzen Sicherheit und Schutz vor Terror", sagte Selenskyj. Kein Volk wolle das, wofür die Besatzer stünden: "russische Konzentrationslager, die Deportation von Kindern, die Vergewaltigung von Frauen und die Brandschatzung von Städten". Je mehr die Welt davon erfahre, desto schneller verliere der Aggressor Russland. Dann kehre Frieden ein.
Russland hat unterdessen diese Woche die Wahlen zu drei Gremien der Vereinten Nationen verloren, ein Zeichen dafür, dass der Widerstand gegen seine Invasion in der Ukraine vor über einem Jahr nach wie vor stark ist. Die Abstimmungen im 54-köpfigen UN-Wirtschafts- und Sozialrat (Ecosoc) der Annahme von sechs unverbindlichen Resolutionen gegen Russland durch die 193-köpfige UN-Generalversammlung folgen. Das jüngste – am 23. Februar, dem Vorabend des ersten Jahrestags der Invasion – forderte Moskau auf, die Feindseligkeiten zu beenden und seine Streitkräfte abzuziehen, und wurde mit 141 zu 7 Stimmen bei 32 Enthaltungen angenommen.
Bei den Ecosoc-Abstimmungen wurde Russland mit überwältigender Mehrheit von Rumänien um einen Sitz in der Kommission für die Rechtsstellung der Frau besiegt. Es verlor gegen Estland die Mitgliedschaft im Vorstand des UN-Kinderhilfswerks Unicef. Und es wurde von Armenien und der Tschechischen Republik in geheimen Abstimmungen für die Mitgliedschaft in der Kommission für Kriminalprävention und Strafjustiz besiegt. US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield sagte nach den Abstimmungen am Mittwoch: "Dies ist ein klares Signal der Ecosoc-Mitglieder, dass kein Land Positionen in kritischen UN-Gremien bekleiden sollte, wenn sie die UN-Charta eklatant verletzen."
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