"Es gibt ein Verständnis, dass es möglich ist, die Verhandlungen über eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union dieses Jahr zu beginnen", meinte Selenskyj. Von EU-Seite gab es keine solchen konkreten Aussagen. Von der Leyen hatte zwar Selenskyjs Entschlossenheit und Reformwillen gelobt in Kiew, aber auch betont, dass es noch einiges zu tun gebe. Einen Zeitplan gibt es nicht.
Selenskyj ist traditionell euphorisch mit Blick auf eine schnelle EU-Mitgliedschaft der Ukraine. "Wir bereiten die Ukraine auf eine größere Integration in den internen Markt der EU vor - das bedeutet mehr Einkommen für ukrainische Unternehmen, mehr Produktion und Jobs in unserem Land. Und mehr Einkommen für unseren Staat und die lokalen Haushalte", sagte er. "Das ist das, was die Ukraine wirklich stärker macht." Die Ukraine werde alles dafür tun, dass die russische Aggression zu einem "Selbstmord" werde für Moskau. So habe auch die EU nun seinen Plan für einen Frieden in der Ukraine begrüßt. Kern von Selenskyjs Plan ist der Rückzug russischer Truppen, bevor Verhandlungen beginnen. Russland, das fast 20 Prozent des Gebiets der Ukraine kontrolliert, lehnt dieses Ansinnen als absurd ab.
Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD), hat Erwartungen an einen raschen Beitritt der kriegsgebeutelten Ukraine zur Europäischen Union gedämpft. "Schon, dass die Ukraine so schnell Kandidatenstatus bekommen hat, das war ein ganz außergewöhnlicher Vorgang", sagte Barley am Freitagabend in den ARD-"Tagesthemen". Das Land müsse die gleichen Bedingungen wie alle anderen Beitrittskandidaten erfüllen. Dazu zählten politische, wirtschaftliche und rechtliche Kriterien. "Alle drei Felder sind noch lange nicht erfüllt." Es sei auch nicht möglich, ein Land vorschnell aus besonderen Motiven aufzunehmen, betonte Barley. "Ich halte das wirklich für ausgeschlossen". Es sei daher "ganz wichtig, dass man realistisch zu den Ukrainerinnen und Ukrainern ist."
Mit dem Kandidatenstatus seien aber auch schon Vorteile verbunden, gerade finanzielle Unterstützung. Das Land sei mitten im Krieg, da sei es nicht zu erwarten, dass Fortschritte bei den Beitrittskriterien besonders schnell erzielt würden, betonte Barley. "Wir unterstützen die Ukraine bei diesen Schritten, das ist ganz wichtig, wir werden immer an ihrer Seite sein." Und auch die EU selbst müsse sich reformieren, etwa mit Blick auf bisher notwendige einstimmige Entscheidungen, sagte Barley. "Die EU ist in ihrem derzeitigen Zustand auch nicht aufnahmereif."
Selenskyj berichtete auch über den Besuch des polnischen Verteidigungsministers Kollege Mariusz Blaszczak. Innerhalb der westlichen Panzer-Koalition werde alles dafür getan, dass die Ukraine so schnell wie möglich moderne schwere Waffen bekomme. Die Panzer sollen dem Land nicht nur helfen, den russischen Vormarsch zu stoppen, sondern auch die Eroberung besetzter Gebiete rückgängig zu machen. Selenskyj räumte ein, dass angesichts massiver russischer Angriffe die Lage im Donbass im Osten der Ukraine schwierig sei.
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