Das Netzwerk Steuergerechtigkeit kritisierte den bayerischen Vorstoß. "Markus Söder tut so, als würde die Erbschaftssteuer alle Bayern betreffen", sagte Julia Jirmann vom Netzwerk Steuergerechtigkeit zur Argumentation des bayerischen Ministerpräsidenten. "Tatsächlich haben aber innerhalb einer Generation nur etwa fünf Prozent der Menschen in Bayern das Glück, so viel zu erben, dass sie auch Erbschaftssteuer zahlen müssen." Söder trage zur Spaltung der Gesellschaft bei, wenn er die Reichsten bei der Erbschaftssteuer ausklammere, sagte Jirmann.
Auch Gerhard Schick von der Bürgerbewegung Finanzwende kritisierte die Staatsregierung. "Markus Söder kämpft nicht für die bayerische Mittelschicht, sondern für Milliardäre in ganz Deutschland", betonte Schick. Mit dem Antrag will die bayerische Regierung über eine verfassungsrechtliche Überprüfung des Gesetzes den Weg für eine Erhöhung der persönlichen Freibeträge, Senkung der Steuersätze und eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer ebnen. Die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer wurden seit 2008 nicht erhöht. Im Gegensatz dazu seien - so die Kritik Bayerns - die Inflation sowie die Boden- und Immobilienpreise massiv gestiegen.
"Wir haben vielfach versucht, die Bundesregierung zu überzeugen, die Freibeträge bei der Erbschaftssteuer zu erhöhen - es wird uns immer nur die kalte Schulter gezeigt. Daher blieb Bayern nichts anderes übrig, als zu klagen", sagte Füracker. Die Erbschaftsteuer stehe in voller Höhe den Ländern zu, daher sollten diese über die Ausgestaltung entscheiden. "Bayerns Klage zielt auf eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer - für geringere Steuersätze und höhere Freibeträge. Jeder muss das Elternhaus erben können, ohne dass die Erbschaftsteuer ihn zum Verkauf zwingt."
Bayern moniert zudem an der Steuer, dass sich der Wert bei Grundstücken bundesweit sehr unterschiedlich entwickelt habe und dadurch die Erben in Bayern benachteiligt würden, da hier höhere Steuern anfielen. Bundeseinheitliche Freibeträge und Steuersätze seien unfair und würden nicht den regionalen Verhältnissen gerecht. Füracker erneuerte in dem Kontext seine massive Kritik an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der im Frühjahr 2022 den bayerischen Vorstoß zur Erhöhung der Freibeträge abgelehnt und mitgeteilt habe, dieser stehe "nicht auf der Agenda". "Gleichzeitig wurden, versteckt in einem rund 150 Seiten dicken Gesetzentwurf, neue Regeln für die Immobilienbewertung eingeführt, die zu deutlichen steigenden Erbschaftsteuern führen", so Füracker.
Lindner selbst hatte der CSU dagegen mit der Klage ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver vorgeworfen. Der Bund könne nicht - wie von Söder und anderen Vertretern der Staatsregierung behauptet - "im Alleingang über den Wegfall von Steuereinnahmen entscheiden, die allein den Ländern zustehen. Eine solche Initiative muss deshalb von der Mehrheit der Länder kommen." Auch Vertreter anderer Parteien sehen in der aktuellen Klagewut Bayerns ein Wahlkampfmanöver. Erst vor wenigen Tagen hatte der Freistaat wie die CSU gegen das neue Wahlrecht für den Bundestag Klage in Karlsruhe einreicht. In Bayern wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Füracker lässt Lindners Kritik nicht gelten: "Wir reden hier von einem Bundesgesetz, der Bundesfinanzminister und seine Partei können jederzeit handeln. Statt endlich Fakten zu schaffen wird nur auf die Länder verwiesen - das grenzt an Arbeitsverweigerung."
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