Das Bundesverfassungsgericht hatte zuletzt eine noch weitreichendere Entscheidung gefällt. Demnach war es rechtswidrig und nichtig, 60 Milliarden aus nicht abgerufenen Coronahilfen für den Klima- und Transformationsfonds umzuwidmen. Mit dem Urteil war eine generell sehr restriktive Auslegung der Schuldenbremse verbunden. In der Folge musste die von dem Urteil völlig überraschte Bundesregierung einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2023 präsentieren – und tüftelt nun an einer Überarbeitung des Haushalts für das Jahr 2024. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bezifferte den Einsparbedarf zuletzt mit 17 Milliarden Euro – bei Gesamtausgaben von rund 445 Milliarden Euro.
SPD und Grüne setzen im Wesentlichen darauf, diesen Einsparbedarf durch eine nochmalige Aussetzung der Schuldenbremse zu umgehen. Ob das rechtssicher wäre, ist ebenfalls umstritten. Die FDP hingegen plädiert für Kürzungen bei den Sozialausgaben – hier insbesondere beim Bürgergeld – sowie bei der internationalen Hilfe, was die Koalitionspartner bisher ablehnen und beim SPD-Parteitag am Wochenende vermutlich auf massiven Widerstand stoßen würde. Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Lindner suchen deshalb gemeinsam mit ihren führenden Staatssekretären seit Tagen nach einer inhaltlichen Lösung des Problems.
Doch selbst wenn es bald dazu käme, wäre der Zeitdruck enorm. Denn es gibt bloß noch eine reguläre Sitzungswoche des Bundestages, nämlich vom kommenden Montag bis Freitag. Denkbar wären überdies Sondersitzungen in der Woche vor Weihnachten und theoretisch am Jahresende. Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke schließt sogar das nicht aus. „Wenn es nötig ist, komme ich auch zwischen den Feiertagen“, sagte er. Dabei dürften die Bundestags-Fraktionen allerdings kaum mitmachen.
Aus Koalitionskreisen hieß es, die Sache sei „herausfordernd“, und die Gespräche seien „intensiv“. Scholz, Habeck und Linder wollten sich am späteren Dienstagnachmittag erneut treffen. Dabei wäre unter anderem zu klären, ob es am Mittwoch einen Kabinettsbeschluss zu etwaigen Haushaltskorrekturen gibt, die anschließend dem Parlament zugeleitet werden könnten. Insider rechneten zumindest bis Dienstagmittag nicht damit.