Er erwarte, dass es bei dem Außenministertreffen eine sehr klare Botschaft zu dem Thema an den türkischen Minister Hakan Fidan geben werde, sagte Stoltenberg am Montag in Brüssel. Diese laute, dass die Türkei den Ratifizierungsprozess zügig abschließen müsse.
Hintergrund der deutlichen Worte Stoltenbergs ist, dass bei dem Außenministertreffen eigentlich die Aufnahme Schwedens gefeiert werden sollte. Die Türkei hat die dafür notwendige Ratifizierung des sogenannten Beitrittsprotokolls allerdings bis heute nicht abgeschlossen. Ungarn hat dies ebenfalls noch nicht getan, zuletzt aber immer wieder versprochen, es werde nicht das letzte Nato-Land sein, das die Zustimmung zum schwedischen Beitritt gibt.
Schweden hatte ursprünglich gehofft, bereits im Sommer 2022 der Nato beitreten zu können. Die Türkei warf der schwedischen Politik dann allerdings mangelnden Einsatz gegen "Terrororganisationen" wie die kurdische Arbeiterpartei PKK vor und verweigerte ihre Zustimmung. Nach Zugeständnissen Schwedens kündigte Präsident Recep Tayyip Erdogan zuletzt an, die Ratifizierung des Beitrittsprotokolls durch das türkische Parlament zu ermöglichen. Dort hängt es allerdings derzeit in einem Ausschuss fest.
Zum Abschluss des Treffens soll es am Mittwoch zum ersten Mal eine Tagung des Nato-Ukraine-Rat auf Ebene der Außenminister geben. Das Gremium soll eine engere Zusammenarbeit ermöglichen, bis die Voraussetzungen für eine Aufnahme der Ukraine in die Nato erfüllt sind. Der Nato-Ukraine-Rat hatte zum ersten Mal im Juli beim Nato-Gipfel in Litauen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs getagt. Zudem gab es bislang ein Treffen auf Ebene der Verteidigungsminister und mehrere auf Ebene der Nato-Botschafter.
Die "Stuttgarter Zeitung" schreibt dazu:
"Es wäre zu gefährlich, sich in Sicherheitsfragen weiter hinter den USA zu verstecken, wie es auch im Fall der Ukraine passiert. Die Europäer müssen sich auf jeden denkbaren Ausgang des Krieges vorbereiten - auch dass Russland große Teile der Ukraine behält. Daraus würde aber kein Frieden erwachsen. Die imperialen Gelüste des russischen Präsidenten wären nicht gestillt, sondern weiter geweckt. Europa muss für dieses Szenario militärisch gerüstet sein. Eine deutliche Warnung ist, dass Wladimir Putin in seinem Reich nicht nur die Produktion, sondern auch die Menschen auf einen langen Krieg getrimmt hat. Fast zehn Prozent der Wirtschaftsleistung fließen ins Militär, während in den meisten europäischen Nato-Staaten weiter um das Erreichen des bereits 2014 vereinbarten Zieles von zwei Prozent gefeilscht wird."
Darüber hinaus gibt es weiteren Ärger: Die Exporte ziviler Militärgüter wie Mikrochips und Zielfernrohre aus der Türkei nach Russland nehmen zu, was den USA und der EU Anlass zur Sorge gibt, die verhindern wollen, dass solche Güter in das Land gelangen. Die Financial Times berichtet, dass die Türkei in den ersten neun Monaten dieses Jahres Exporte solcher "vorrangigen" Güter im Wert von 158 Millionen US-Dollar nach Russland und ehemaligen Sowjetländern meldete, die im Verdacht stehen, als Durchleitungen nach Moskau zu fungieren – weit mehr als im Jahr 2022.
Brian Nelson, der Unterstaatssekretär des US-Finanzministeriums für Terrorismus und Finanzaufklärung, wird diese Woche die Türkei besuchen, um "Bemühungen zur Verhinderung, Störung und Untersuchung von Handels- und Finanzaktivitäten zu besprechen, die den russischen Bemühungen in seinem Krieg gegen die Ukraine zugute kommen".
"Bei einigen Drittländern wie der Türkei sind wir tatsächlich in einer schwächeren Durchsetzungsposition, als wir es uns letztendlich wünschen würden", sagte Emily Kilcrease, eine ehemalige stellvertretende stellvertretende US-Handelsvertreterin, gegenüber der FT. "Wir müssen uns wirklich darauf verlassen, dass diese Länder in ihren eigenen Gerichtsbarkeiten Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen, um an die spezifischen Stellen heranzukommen, die den Umschlag erleichtern." Kilcrease fügte hinzu, dass, wenn die Türkei keine Änderungen vornehme, "die USA und ihre Partner Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen müssen".