Dabei geht es um die Frage, ob massenweise Arbeitsvisa für Bürger afrikanischer und asiatischer Länder ausgestellt wurden und ob dies schneller ging, wenn die Antragsteller über Vermittler große Summen zahlten. Am Donnerstag hatte die polnische Generalstaatsanwaltschaft bekannt gegeben, dass sie gegen sieben Personen wegen des Verdachts ermittelt, sie hätten gegen Bezahlung die Vergabe von Arbeitsvisa beschleunigt. Drei Personen wurden festgenommen. Die Staatsanwaltschaft sprach von Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe "mehrerer Hundert Arbeitsvisa" in mehreren arabischen Ländern sowie in Indien, den Philippinen, Singapur, Hongkong und Taiwan. Außenminister Rau sagte nun, es gehe bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft um 200 Visa.
Berichte polnischer Medien und Angaben der Opposition deuten dagegen auf ein sehr viel größeres Ausmaß hin. Oppositionsführer Donald Tusk von der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) nannte die Zahl von 250 000 Arbeitsvisa, die innerhalb von 30 Monaten in Afrika und Asien ausgestellt worden seien. Zwei Parlamentarier seiner Partei, die im Rahmen einer in Polen möglichen Abgeordnetenkontrolle Einblicke in Unterlagen des Außenministeriums nahmen, sprechen von 350 000 Visa.
Personelle Konsequenzen hinter den Kulissen gab es schon Ende August: Der für konsularische Angelegenheiten zuständige Vize-Außenminister Piotr Wawrzyk wurde entlassen und verschwand von der Wahlliste der PiS. Zur gleichen Zeit wurde seine Abteilung von der Antikorruptionsbehörde CBA durchsucht. Am Freitag sagte Justizminister Zbigniew Ziobro, Wawrzyk sei nach einem Selbstmordversuch in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Nach Berichten polnischer Medien soll der Politiker der Drahtzieher hinter dem System der korrupten Visavergabe gewesen sein.
Die PiS-Regierung macht im Wahlkampf Stimmung gegen Migranten. Sie sperrt sich auch gegen den EU-Asylkompromiss, der eine verpflichtende Aufnahme von Flüchtlingen vorsieht.
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