New York City steht bei vielen auf dem Reisewunschzettel ganz oben. Die US-amerikanische Metropole ist aber auch einer der teuersten Orte der Welt. Wie lässt sich mit kleinem Budget Großes erleben? Ja, sagt Kenny Bollwerk. Er lebt in New York und streamte den Rattenbefall vor einer Baustelle in Queens. Innerhalb kürzester Zeit hatte er 10.000 Zuschauerinnen und Zuschauer, wie der 36-Jährige dem "Guardian" erklärt. Ursprünglich wollte er nur auf das Problem mit den Ratten hinweisen, so Bollwerk, denn eigentlich mag er gar keine Ratten. Aber plötzlich sei er mit Anfragen überschüttet worden, den Rattenbefall an verschiedenen Orten der Stadt zu filmen.
Er sei dann drei- bis fünfmal pro Woche losgezogen, um sogenannte "RatToks", also Tiktok-Videos von Ratten, zu machen und nach kurzer Zeit hätten ihm Touristinnen und Touristen Nachrichten geschrieben, ob sie ihn begleiten dürfen. "Ratten sind so etwas wie das Maskottchen von New York City. Die Leute wollen sie mit eigenen Augen sehen", sagt Bollwerk der "New York Post". Mittlerweile bietet er kostenlose Touren an und Menschen reisen teilweise extra deswegen nach New York. "Ich habe die Serie von Anfang an geliebt", sagte "RatTok"-Fan Patrick Norris der "New York Post". Ihn hätten auch schon ein Pärchen aus Pennsylvania begleitet und sogar ein Vater mit seiner zwölfjährigen Tochter. Auch aus Kanada seien schon Touristinnen und Touristen angereist.
Aufgrund des Erfolgs des Ratten-Tourismus durch die Stadt sei Bollwerk mittlerweile nicht mehr der Einzige, der die Touren durch New York anbietet, wie die "New York Post" berichtet. Der 36-jährige New Yorker besteht jedoch darauf, dass er seine Touren auch unternimmt, um den Einheimischen in den betroffenen Gebieten zu helfen. "Die Tatsache, dass es das Bewusstsein für ein Problem schärft und den Menschen in ihrer Nachbarschaft hilft – ich glaube, das ist der Grund, warum ich immer wieder rausgehe und es mache. Und ich lerne dabei so viele coole Leute kennen, die ich sonst nie getroffen hätte", erzählt er.
So begeistert wie Bollwerks Begleiterinnen und Begleiter sind die Verantwortlichen der Stadt New York nicht von den Ratten. Die Zahl der Nager hat sich im vergangenen Jahr verdoppelt. Über 60.000 Tiere seien der Stadt 2022 gemeldet worden – 102 Prozent mehr als 2021. Ein New Yorker schreibt über seine Heimat als "Hauptstadt der Ratten" und sagt, dass es noch nie so schlimm gewesen sei.
Der Bürgermeister reagierte und es wurden strengere Regeln zur Müllentsorgung eingeführt. Außerdem gibt es seit April 2023 eine Rattenbeauftragte, die die Plage in New York endlich eindämmen soll. Kathleen Corradi, eine ehemalige Grundschullehrerin, kann bisher Erfolge vermelden. Im Juni gab es 15 Prozent weniger gemeldeten Rattensichtungen als im entsprechenden Vorjahresmonat. Es wurden spezielle Rattenbekämpfungszonen eingerichtet, wer sich dort nicht an die Vorschriften gegen die Plage hält, muss mit Geldstrafen rechnen.
"New York City war früher für seine schlechten Straßen bekannt, aber in Zukunft werden wir für unsere sauberen Straßen bekannt sein", sagte Bürgermeister Eric Adams im Juni. Aber was wird dann aus dem Ratten-Tourismus und Kenny Bollwerks Touren?
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