
Beide Seiten, so hieß es weiter in den Berichten, seien dazu aber nicht bereit gewesen: die Ukraine, weil sie nicht auf Teil des eigenen Staatsgebiets verzichten wollte, und Russland, weil es davon ausgehe, sowieso zu gewinnen. Offiziell gab es aus dem Weißen Haus keine Bestätigung für eine derartige diplomatische Offensive des Geheimdienstchefs.
Die russische Führung hat zuletzt wegen der geplanten westlichen Panzerlieferungen an die Ukraine Friedensverhandlungen für aussichtslos erklärt. "Unter den jetzigen Bedingungen, da Washington seine Entscheidung verkündet hat, Panzer zu liefern, und seine Vasallen (...) wetteifern, wer wie viel Panzertechnik der Ukraine liefert, ist es sinnlos, mit den ukrainischen Nazis oder deren Puppenspielern zu reden", sagte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti am Montag. Moskau behauptet immer wieder, dass in Kiew Nationalsozialisten an der Macht seien, die aus dem Ausland gelenkt würden.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht erst dann eine Möglichkeit für Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Krieg, wenn sich Russland zum Truppenrückzug aus den besetzten Gebieten bereiterklärt. "In dem Augenblick, in dem sie erkennen lassen, der Weg ist Truppenrückzug, in dem Augenblick ist auch der Weg für Gespräche mit der Ukraine - da bin ich ziemlich sicher - frei", sagte Scholz am Donnerstag in einer Fragerunde mit Bürgern im hessischen Marburg. Dann gebe es auch die Möglichkeit, sich zu verständigen. "Aber da müssen wir noch ein bisschen drauf hinarbeiten", fügte der Kanzler hinzu.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Absage an Verhandlungen mit Russland vor einem Rückzug der russischen Truppen bekräftigt. Gespräche seien nur möglich, wenn Russland seine Soldaten abziehe, seinen Fehler eingestehe und es vielleicht eine neue Führung in Moskau gebe, sagte Selenskyj dem britischen Sender Sky News in einem am Donnerstag ausgestrahlten Interview. "Nur dann kann die Situation gelöst werden. Nur dann sind Verhandlungen möglich." Der Präsident hatte Verhandlungen mit Kremlchef Wladimir Putin bereits Ende September 2022 per Dekret verboten. In Moskau meinte Kremlsprecher Dmitri Peskow, dass Selenskyj für Putin schon lange kein möglicher Gegner mehr sei.
Die Wähler in der Ukraine erinnerten sich, "mit welchen Versprechungen Herr Selenskyj zum Präsidenten gewählt wurde", sagte er der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. "Er hat das Problem im Donbass nicht gelöst. Er hat die Minsker Vereinbarungen nicht erfüllt. Wie sich herausstellte, hat er nicht vorgehabt, sie zu erfüllen. Er hat sich auf den Krieg vorbereitet", sagte Peskow.
Der Minsker Plan hatte Schritte zu einem Frieden in der Ostukraine festgelegt. Kiew und Moskau warfen sich stets gegenseitig Verstöße dagegen vor. Selenskyj betonte, ein Treffen mit Putin habe keinen Sinn. "Es interessiert mich nicht. Es ist nicht interessant, sich zu treffen, es ist nicht interessant zu sprechen", sagte er. "Sie wollen keine Verhandlungen, und das war auch schon vor dem Überfall so. Präsident Putin hat so entschieden." Er sei überzeugt, dass die Ukraine für Putin nur der erste Schritt sei, sagte Selenskyj. Vor dem Krieg habe es Treffen mit Putin gegeben. "Ich habe einen Mann erlebt, der eine Sache sagt und dann eine andere tut", sagte Selenskyj. "Wer ist er jetzt? Nach einer umfassenden Invasion ist er ein Niemand."
Russland hat mehrfach Verhandlungen angeboten. Experten zufolge wäre ein Einfrieren des Konflikts unter den derzeitigen Bedingungen für Moskau von Vorteil, weil es seine Positionen entlang neuer Grenzlinien absichern und Kräfte sammeln könnte. Derzeit hält Russland einschließlich der schon 2014 annektierten Halbinsel Krim rund 18 Prozent des ukrainischen Staatsgebietes besetzt.
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