
Zwei Beamte der Waffenbehörde seien den Hinweisen nachgegangen, hätten bei dem Sportschützen aber keine Auffälligkeiten festgestellt, sagte Meyer. Unter anderem hatten sie eine unangekündigte Kontrolle in der Wohnung von Philipp F. vorgenommen und dabei die ordnungsgemäße Aufbewahrung von Waffe und Munition überprüft. In Vorbereitung des Besuchs hätten sie im Internet auch zu dem Buch recherchiert, sagte Meyer. Eine Google-Suche, bei der sie lediglich den Namen des späteren Täters und den Suchbegriff "Buch" eingegeben hätten, habe aber zu keinem Ergebnis geführt. Laut Polizei wurde das Buch seit Dezember 2022 über die Handelsplattform Amazon vertrieben.
Die Beamten hätten bei der Überprüfung den rechtlich möglichen Rahmen ausgeschöpft, sagte Meyer. Insofern könne er ihnen "keine Vorwürfe machen". Er räumte aber ein, dass der Inhalt des Buchs, wäre es ausgewertet worden, möglicherweise Anlass für weitere Maßnahmen der Waffenbehörde gegeben hätte."Es ist richtig, dass wir nach einer solchen Tat kritisch hinterfragen, hat die Waffenbehörde hier alles richtig gemacht", sagte Innensenator Andy Grote (SPD). "Nach allem, was ich bisher gehört habe, habe ich keinen Anlass an der Bewertung zu zweifeln, dass hier ordentlich gearbeitet wurde." Erneut machte Grote sich für eine Verschärfung des Waffenrechts stark. Unter anderem müsse ein psychologisches Gutachten für alle, die eine waffenrechtliche Erlaubnis beantragen, Pflicht werden.
Eine psychologische Überprüfung von Philipp F. sei aufgrund der unzureichenden Recherche der Waffenbehörde unterblieben, sagte der Innenexperte der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft, Deniz Celik. "Es steht die Frage im Raum, ob die schreckliche Tat nicht hätte verhindert werden können, wenn die Behörde anständig recherchiert hätte." Er verwies darauf, dass Philipp F. das Buch auch auf seiner den Behörden bekannten Homepage beworben hatte.
Für die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein ist es unverständlich, dass die Beamten der Waffenbehörde bei ihrem Besuch in der Wohnung des Sportschützen nicht nach dem Buch gefragt haben. Wäre dies geschehen, "hätte man Philipp F. sicherlich intensiver überprüft", sagte sie. "Die Aussage, dass ein anonymer Hinweis nicht ausreicht, um eine rechtssichere Überprüfung sicherzustellen, halte ich für nicht tragbar."
Unterdessen soll am Sonntagabend bei einem ökumenischen Gottesdienst der Opfer gedacht werden. Die Trauerfeier werde von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, der Nordkirche und dem Erzbistum Hamburg veranstaltet und derzeit vorbereitet, sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer. Ein Vertreter der Zeugen Jehovas zeigte sich empört, dass weder die Glaubensgemeinschaft noch die Angehörigen der Todesopfer in die Planungen einbezogen worden seien. Schweitzer betonte, dass die Zeugen Jehovas zu der Feier eingeladen würden.
Philipp F. hatte am vergangenen Donnerstagabend nach einem Gottesdienst der Zeugen Jehovas in Hamburg-Alsterdorf sieben Menschen erschossen, darunter ein ungeborenes Kind. Dann tötete er sich selbst. Neun Menschen wurden verletzt - sieben von ihnen wohnten in Hamburg, zwei in Schleswig-Holstein. Am Dienstag wurden noch sechs Verletzte im Krankenhaus behandelt. Bei einem von ihnen bestehe weiterhin akute Lebensgefahr, sagte der stellvertretende Leiter des Hamburger Staatsschutzes, Uwe Stockmann.
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