
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, Präsident Wladimir Putin sei in Kenntnis gesetzt worden. Weitere Details nannte er zunächst nicht. Nawalnys Team erklärte, es habe bislang keine Bestätigung über den Tod des Oppositionellen erhalten. Sein Anwalt Leonid Solowjow sagte der kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gaseta": "Auf Entscheidung von Alexej Nawalnys Familie kommentiere ich überhaupt nichts."
Das Team des inhaftierten russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny hat nach eigenen Angaben noch keine direkte Bestätigung seines Todes erhalten. Das schrieb seine Sprecherin Kira Jarmysch am Freitag im Portal X (früher Twitter). Bislang gebe es nur die allgemeine Mitteilung des Justizvollzugssystems, sagte sie. Nawalnys Anwalt sei unterwegs in das Lager IK-3 in dem Ort Charp nördlich des Polarkreises. "Sowie wir Informationen haben, werden wir berichten", schrieb Jarmysch.
Kurz nach der Nachricht vom Tod Nawalnys haben erste Demonstranten vor der Botschaft Russlands in Berlin protestiert. Schon am Freitagmittag versammelten sich zunächst einige Dutzend Menschen vor dem großen Botschaftsgebäude auf dem Boulevard Unter den Linden. Viele Demonstranten trugen Plakate mit einem Foto Nawalnys, andere Fahnen oder Transparente. Auf einem stand: "Putin ist ein Killer". Nach und nach wurden es mehr Menschen. Die Polizei begleitete die Demonstration.
Nawalny ist unter anderem wegen angeblichem "Extremismus" zu insgesamt 19 Jahren Lagerhaft verurteilt worden. International jedoch wird der Politiker, der 2020 nur knapp einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebte, als politischer Gefangener eingestuft. Menschenrechtsorganisationen fordern seit langem Nawalnys Freilassung.
Nachdem er in Deutschland von den Folgen des Giftanschlags behandelt worden war, kehrte Nawalny am 17. Januar 2021 nach Russland zurück - und wurde noch am Flughafen verhaftet. Schon im vergangenen Dezember war der als politischer Gefangener eingestufte Politiker über mehrere Wochen verschwunden. Im Nachhinein erwies sich, dass die Justiz ihn aus dem europäischen Teil Russlands in ein Straflager im hohen Norden Sibiriens verlegt hat. Nawalny vermutete, dass er dort vor der anstehenden Präsidentenwahl im März möglichst isoliert werden sollte.
Nawalny führte immer wieder Klagen gegen den Strafvollzug wegen Verletzung seiner Rechte. Er nutzte die Gerichtsauftritte nicht zuletzt zur beißenden Kritik an Putins autoritärem System und Moskaus Krieg gegen die Ukraine. Zuletzt wurde Nawalny mit Beginn des Wahlkampfes zu den Verhandlungen nicht mehr zugeschaltet.
Nawalny wurde international als politischer Gefangener anerkannt. Die USA, die EU sowie die Bundesregierung hatten sich in den vergangenen Wochen immer wieder besorgt gezeigt und die russische Führung aufgefordert, über Nawalnys Verbleib zu informieren. Russland wies dies aber als Einmischung in seine inneren Angelegenheiten zurück. Der Kreml teilte auch mit, dass er sich nicht um das Schicksal von Gefangenen in Russland kümmern könne.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geht davon aus, dass der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny getötet wurde. Es sei sehr bedauerlich, dass Nawalny in einem russischen Gefängnis gestorben sei, sagte Selenskyj laut offizieller Übersetzung bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin. "Es ist für mich offensichtlich: Er wurde getötet. Wie andere Tausende, die zu Tode gequält wurden wegen dieses einen Menschen."
"Putin ist es egal, wer sterben wird. Hauptsache, er bleibt bei seiner Position", sagte Selenskyj. "Und deshalb sollte er auch alles verlieren. Er sollte verlieren, er sollte alles verspielen, und er sollte dann auch zur Verantwortung gezogen werden für die Verbrechen."
Bundeskanzler Olaf Scholz hat entsetzt auf die Berichte über den Tod des führenden russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny in einem russischen Gefängnis reagiert. "Wir wissen aber nun auch ganz genau, spätestens, was das für ein Regime ist", sagte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin. Er erinnerte bei einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj daran, wie er Nawalny in Berlin getroffen habe, als dieser sich in Deutschland von einem Giftanschlag zu erholen versucht habe. Dabei habe er mit Nawalny auch über den großen Mut geredet, den es erfordere, wieder zurückzugehen in das Land. Scholz: "Und wahrscheinlich hat er diesen Mut jetzt bezahlt mit seinem Leben."
Scholz sagte, wer in Russland Kritik äußere und sich für die Demokratie einsetze, müsse um Sicherheit und Leben fürchten. "Wir sind bei der Familie, der Frau und dem Kind und all den Angehörigen und Freunden", sagte Scholz. "Und es ist etwas ganz Furchtbares, auch als ein Zeichen, wie sich Russland verändert hat. Nach den nun schon leider lange zurückliegenden hoffnungsvollen Entwicklungen, die in Richtung Demokratie gegangen waren, ist das längst keine Demokratie mehr."
Auch weitere deutsche Politiker haben mit Bestürzung reagiert. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Michael Roth (SPD), schrieb am Freitag auf X, Russlands Präsident Wladimir Putin handele "wie ein Mafia-Pate, ganz in der Tradition Stalins: Hin und wieder ein Auftragsmord, um kritische Geister, die seine Allmacht infrage stellen, einzuschüchtern". Russland sei eine Diktatur aus dem Lehrbuch.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach nannte Nawalny auf X einen Helden. "Durch seinen Widerstand hat er früh der Welt klargemacht, dass Putin ein rücksichtsloser Verbrecher im Amt ist."
Die Vizepräsidentin des Bundestags, Katrin Göring-Eckardt, schrieb auf X: "Was für ein mörderisches System. Nawalny war Putins Angstgegner." Er habe für ein Russland gestanden, in dem Meinungen frei und Wahlen fair seien. Grünen-Chef Omid Nouripour schrieb auf X: "Sein Mut lebt weiter in den Menschen, die sich gegen die russische Diktatur stellen."
Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen bezeichnete Nawalnys Tod auf X als "schrecklich und traurig". Nawalny sei "ein großer Mann mehr, den Putin auf dem Gewissen hat."
Die Linken-Politiker Dietmar Bartsch und Martin Schirdewan bezeichneten Nawalnys Tod als "politischen Mord". "Sein erschütternder Tod geht auf das Konto Moskaus, das Putins schärfsten Kritiker eingekerkert hatte", schrieb Bartsch auf X. "Das ist zweifelsfrei ein politischer Mord, wie er nur unter Despoten möglich ist. Abscheulich! RIP". Linken-Chef Schirdewan sprach ebenfalls von einem "politischen Mord mit Ansage" und forderte eine internationale Aufklärung des Falls.
Außenministerin Annalena Baerbock hat Nawalny als Vorbild für Freiheit und Demokratie gewürdigt. "Wie kaum ein anderer war Alexej #Nawalny Sinnbild für ein freies und demokratisches Russland. Genau deswegen musste er sterben", schrieb die Grünen-Politikerin bei X, früher Twitter. Sie ergänzte: "Meine Gedanken sind bei seiner Frau und seinen Kindern."
Vizekanzler Robert Habeck hat bestürzt auf den Tod Alexej Nawalnys reagiert. "Alexander Nawalnys Tod erschüttert mich bis ins Mark", sagte der Wirtschafts- und Klimaschutzminister. "Das Regime Putin hat ihn auf dem Gewissen."
Habeck sagte, Nawalny habe sein Leben verloren in seinem Einsatz für ein besseres Russland. "Er war ein Patriot, der sich für Demokratie und den Rechtsstaat einsetzte und sein Land und die Menschen dort liebte. Mehr als sein eigenes Leben." Trotz Lebensgefahr sei er nach Russland zurückgekehrt, so Habeck. "Meine Gedanken sind jetzt bei seiner Frau Julija Nawalnaja und allen, die wie Alexander Nawlny für ein freies Russland kämpfen."
EU-Ratspräsident Charles Michel hat Russland für den Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny verantwortlich gemacht. "Die EU macht das russische Regime allein für diesen tragischen Tod verantwortlich", schrieb Michel am Freitag auf der Plattform X (ehemals Twitter). Nawalny habe für Freiheit und Demokratie gekämpft. "Für seine Ideale brachte er das höchste Opfer." Michel spreche seiner Familie und denjenigen, die weltweit unter den dunkelsten Bedingungen für Demokratie kämpfen, sein Beileid aus. "Kämpfer sterben", so Michel, aber der Kampf um Freiheit ende nie.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Regierung in Moskau eindringlich zu einer Aufklärung des Todes. "Meine Botschaft ist, dass wir alle Fakten klären müssen und dass Russland all die ernsten Fragen zu den Ursachen seines Todes beantworten muss", sagte der Norweger am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz in einer ersten Reaktion. "Ich bin zutiefst traurig und sehr besorgt."
Zu Nawalny sagte Stoltenberg, dieser sei ein starker Kämpfer für Freiheit und Demokratie gewesen. Die Nato werde weiter all diejenigen unterstützen, die an diese Werte glauben.
Am russischen Präsidenten Waldimir Putin übte Stoltenberg scharfe Kritik. "Was wir gesehen haben, ist, dass Russland zu einer immer autoritäreren Macht geworden ist und seit vielen Jahren die Opposition unterdrückt", erklärte er. Gerade auch deswegen müsse Russland alle Fragen beantworten, die jetzt gestellt würden. Zur Frage, ob der Tod Nawalnys möglicherweise in Zusammenhang mit der bevorstehenden Präsidentenwahl stehen könnte, wollte sich Stoltenberg nicht äußern.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist "zutiefst beunruhigt und traurig" über den Tod Nawalnys. "Eine düstere Erinnerung daran, worum es (dem russischen Präsidenten Wladimir) Putin und seinem Regime geht", schrieb von der Leyen auf der Plattform X (ehemals Twitter). Der Kremlchef fürchte nichts mehr als die Meinungsverschiedenheiten seines eigenen Volkes. "Lassen Sie uns gemeinsam kämpfen, um die Freiheit und Sicherheit derjenigen zu schützen, die es wagen, sich gegen die Autokratie zu wehren", so von der Leyen.
Die US-Regierung hat den Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny als "schreckliche Tragödie" bezeichnet. Der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, betonte am Freitagmorgen (Ortszeit) im Gespräch mit dem Radiosender NPR gleichzeitig, dass die US-Regierung noch keine eigene Bestätigung für den Tod habe und sich daher zunächst mit Kommentaren zurückhalte. "Angesichts der langen und schmutzigen Geschichte der russischen Regierung, ihren Gegnern Schaden zuzufügen, wirft dies reale und offensichtliche Fragen darüber auf, was hier passiert ist", sagte Sullivan weiter.