
Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage hat die AfD einen kommunalpolitischen Wahlsieg erzielen können. In der Kleinstadt Raguhn-Jeßnitz (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) setzte sich am Sonntag bei der Stichwahl der AfD-Landtagsabgeordnete Hannes Loth gegen den parteilosen Kandidaten Nils Naumann durch. Erst vor einer Woche war im südthüringischen Sonneberg Robert Sesselmann als bundesweit erster AfD-Landrat gewählt worden. Dies hatte die Debatte über den aktuellen Höhenflug der AfD weiter angefacht, die der Verfassungsschutz bundesweit als Verdachtsfall im Bereich Rechtsextremismus einstuft. In deutschlandweiten Umfragen rangiert die Partei bei um die 20 Prozent.
Reichardt sagte zu dem Ergebnis in Raguhn-Jeßnitz: "Es ist das Signal, dass wir den bundesweiten Aufwärtstrend, den die Partei hat, gerade auch hier in Mittel- und Ostdeutschland verstetigen können und dass wir in der Lage sind, klare Mehrheiten zu gewinnen." In der Kleinstadt im Südosten von Sachsen-Anhalt erhielt der 42 Jahre alte Loth am Sonntag 51,13 Prozent der Stimmen, wie die Stadt auf ihrer Facebook-Seite mitteilte. Der 31-jährige Naumann kam laut dem vorläufigen Wahlergebnis auf 48,87 Prozent. Die Wahlbeteiligung betrug den Angaben zufolge 61,51 Prozent. Insgesamt 7800 der rund 8800 Einwohnerinnen und Einwohner von Raguhn-Jeßnitz waren zur Wahl berechtigt.
Der Landrat des Landkreises Anhalt-Bitterfeld, Andy Grabner, warnte vor weiteren Erfolgen der rechtspopulistischen AfD: "Wenn die Politik, die momentan die Ampel-Regierung vollzieht, so bestehen bleibt, werden das nicht der letzte Bürgermeister und der letzte Landrat der AfD gewesen sein", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch bundesweit könnte das in Zukunft die politische Richtung sein. "Das ist kein Sachsen-Anhalt-Phänomen." Die Linken-Landesvorsitzenden Janina Böttger und Hendrik Lange teilten mit: "Es ist beunruhigend, dass es nun Vertretern rechtsradikaler AfD-Landesverbände gelingt, kommunale Spitzenämter einzunehmen. Wir werden weiter in Anhalt-Bitterfeld und in Sachsen-Anhalt all jene unterstützen, die Solidarität und Demokratie zusammen denken."
Sachsen-Anhalts Grüner Landesvorsitzender Dennis Helmich erklärte, für seine Partei sei klar, dass es "mit diesem Bürgermeister auf keiner Ebene eine Zusammenarbeit geben kann und wird". "Stattdessen werden wir dort für Aufmerksamkeit sorgen, wenn sich der zukünftige Bürgermeister gegen geltendes Recht wendet, um die Agenda seiner rechtsextremen Partei durchzudrücken."
Loth, der seit 2016 dem Landtag angehört, hatte nach der Wahl betont, er wolle auch für diejenigen da sein, die ihn nicht gewählt hätten. Sein Wahlkampf sei rein auf kommunalen Themen aufgebaut gewesen - es gehe um die Stärkung der Feuerwehr, um Kitas und mehr Bürgerbeteiligung. Ob ihm die Wahl Sesselmanns geholfen hat, wisse er nicht. Loth ist wie sein Gegenkandidat Naumann in Raguhn-Jeßnitz aufgewachsen. Er ist Landwirt und war Betriebsleiter in einem Agrarunternehmen. Eigenen Angaben zufolge ist Loth seit 2016 Stadtrat in Raguhn-Jeßnitz und seit 2019 Mitglied des Kreistags Anhalt-Bitterfeld.
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