
Das Vertrauen in die Bildungsadministration ist weiter gesunken, wie die Untersuchung auf Basis einer repräsentativen Forsa-Befragung von 1007 Schulleitungen in allen Bundesländern zeigt. Die Führungskräfte gelten als Schlüsselakteure im Schulsystem. Verwaltungsaufgaben beanspruchten einen "signifikanten Anteil" (29 Prozent) ihrer Arbeitszeit, sagte Bildungswissenschaftler Pierre Tulowitzki, einer der Studienautoren, am Mittwoch. Die Befragung an den allgemeinbildenden Schulen im Herbst 2022 ergab auch, dass vielfach kaum noch Raum für Schulentwicklung gesehen werde. Die große Mehrheit gibt an, in den vergangenen drei Monaten "oft" oder "sehr oft" länger gearbeitet zu haben als laut Vertrag (89 Prozent) und auch vielfach in der Freizeit erreichbar gewesen zu sein (78 Prozent).
Rund jede vierte Führungskraft kann sich vorstellen, ihre Schule zu verlassen: Rund 19 Prozent gaben an, sie wollten so lange bleiben, bis sich "eine bessere Möglichkeit bietet". Weitere 6 Prozent planen, aus ihrer Schule "so schnell wie möglich" auszusteigen. Im Vergleich zu 2019 sei der Anteil der Wechselwilligen um zusammen 8 Prozentpunkte gestiegen. Zudem wies die Studie darauf hin, dass in den nächsten sechs Jahren mindestens ein Fünftel der Schulleitungen altersbedingt in den Ruhestand gehen werde. Das am häufigsten genannte Motiv für einen Wechselwillen sei mangelnde Unterstützung.
Co-Autor Marcus Pietsch hob aber auch positive Befunde in der Studie hervor. Die Mehrheit habe ein gutes Vertrauensverhältnis zu den Mitarbeitenden, nehme die Lehrkräfte als kompetent und zuverlässig wahr. Ein Großteil der Leitungen versuche zudem, das Kollegium mitzunehmen, "um die Schulen fit für die Zukunft zu machen". Trotz Belastung gaben 82 Prozent an, dass sie Freude an ihrer Arbeit haben und sogar 92 Prozent sind eher froh oder sehr froh, an ihrer Schule zu arbeiten. Zugleich fühle sich aber rund ein Viertel der Befragten morgens "nicht fit und tatkräftig". Das könne womöglich ein Indikator für Burnout sein, mahnte Pietsch. Die Bedingungen für die "eigentlich erfüllende" Tätigkeit müssten verbessert werden.
Ein kleinerer Teil (12,5 Prozent) der Schulleitungen hat eine beruflich relevante Qualifizierung an einer Hochschule durchlaufen. 57 Prozent der Befragten hatten eine formale Qualifikation an einem Landesinstitut erworben. Zugespitzt müsse man sagen, dass etwa ein Drittel der Schulleitungen "engagierte Amateurinnen und Amateure sind", meinte Tulowitzki. Für sie sei es "so viel schwerer", sie müssten sich auch noch im Job autodidaktisch weiterbilden. Die Lage sei in den Bundesländern unterschiedlich, nicht überall sei eine formale Qualifizierung für den Führungsposten zwingend. Laut Studie nutzen viele Leitungen individuelle Möglichkeiten für ihre Fort- und Weiterbildung.
Der Wübben Stiftung zufolge gibt es immer weniger Menschen, die eine Schule leiten möchten. Statistiken über die Zahl der fehlenden Kräfte würden aber in fast keinem Bundesland erhoben. Vor allem Schulen in ländlichen Regionen, kleinere Schulen und Grundschulen seien betroffen, hieß es dazu vom Allgemeinen Schulleitungsverband. Sei der Chefposten vakant, werde üblicherweise kommissarisch eine Lehrkraft aus dem Kollegium benannt oder ein Konrektor oder eine Konrektorin, sagte die Verbandsvorsitzende Gudrun Wolters-Vogeler. Manchmal müsse eine Person auch zwei Schulen leiten.
Drei Viertel der Befragten an der Schulspitze wünschen sich mehr Unterstützung von Schulbehörden oder -ministerien und zwei Drittel geben das in Bezug auf den Schulträger an. Aus Sicht des schleswig-holsteinischen Bildungsministeriums in Kiel geben einige Ergebnisse Anlass zur Sorge, sagte der dortige Abteilungsleiter für Schulaufsicht, Alexander Kraft, bei der Ergebnis-Präsentation. Schulleitungen müssten sich besser auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können.
dp/fa