
Verdi-Verhandlungsführer Marcel Schäuble spricht von einem guten Erfolg, den die Tarifkommission "zäh und hartnäckig" durchgesetzt habe. Das sei zudem ein wichtiger Zwischenschritt für einen Tarifvertrag, über den im Januar verhandelt werden müsse.
Das Galeria-Management hatte lange auf "stur" geschaltet. Die Vermutung liegt nahe, dass die plötzliche Einigung auch mit den schweren Problemen zusammenhängt, in die der österreichische Mutterkonzern des Selfmademilliardärs René Benko geraten ist. Die Einmalzahlungen hätten einerseits die Funktion, Investoren, Lieferanten und Partnern zu signalisieren, dass die Gruppe über ausreichend Mittel verfügt, um Wohltaten an ihre Belegschaften zu verteilen. Und gleichzeitig solle die Stimmung unter den Beschäftigten hoch gehalten werden – gut gelaunte Verkäufer und Verkäuferinnen werden in den nächsten Wochen gebraucht, um ein erfolgreiches Weihnachtsgeschäft hinzulegen, was enorm wichtig für die Zukunft der Warenhäuser werden könnte, heißt es in Branchenkreisen.
Auffällig ist, dass in den vergangenen Tagen zudem positive Statements von Managern publik gemacht wurden. So sagte Einkaufschef Edo Beukema dem Fachblatt "Textilwirtschaft", dass aktuell "sehr gute zweistellige Zuwachsraten in Prozent" beim alles entscheidenden Sortiment Fashion gemacht würden. Zuvor hatte Galeria-Chef Olivier van den Bossche im "Handelsblatt" betont, dass im Oktober in den 92 Filialen ein Umsatzplus von 4,6 Prozent eingefahren wurde. Gleichzeitig dementiert er aber nicht, dass die Einzelhandelskette nach wie vor Verluste in beträchtlicher Höhe einfährt.
Der Rechtsanwalt und Sanierungsexperte Arndt Geiwitz führte die Warenhauskette durch die "Restrukturierung", mit der auch eine Entschuldung einherging. Seit voriger Woche hat er bei der Signa-Holding als ganzer das Sagen – Benko hat sich offiziell zurückgezogen, nachdem namhafte Geschäftspartner eine "prekäre Liquiditätssituation" und mangelnde Transparenz im "Firmengestrüpp" beklagt und dem Konzerngründer das Vertrauen entzogen hatten.
Geiwitz hat seither mehrfach betont, dass Signa nun "Ruhe und Ordnung" brauche, um eine "umfassende Konsolidierung" anzugehen. Es ist auch viel von Vertrauen die Rede. Das kann sich Geiwitz erarbeiten, wenn er zunächst einmal das von ihm gerade sanierte Unternehmen stabilisiert: Galeria. Und für Beobachter wird immer deutlicher, dass er zunächst einmal Zeit gewinnen will, um sich durch der Signa-Gestrüpp zu kämpfen. Er soll mit den beteiligten Akteuren an einer Art Stillhalteabkommen für die Dauer von drei Monaten arbeiten, um sich einen Überblick über die Lage des Konzerns zu verschaffen, der aus mehr als 700 Firmen besteht.
Besonders werben müssen die Galeria-Manager um das Vertrauen von Lieferanten und Versicherungen, die den Strom von Millionen Produkten, die die Filialen benötigen, absichern: Galeria ist gerade jetzt vor Weihnachten in hohem Maß auf neue Ware angewiesen, die – wie üblich – erst in einigen Wochen bezahlt werden muss. Das Risiko der Lieferanten wird dabei durch sogenannte Warenkreditversicherungen abgedeckt. Sind die Assekuranzen aber nicht mehr bereit, solche Policen wegen wackeliger Warenhäuser auszustellen, wird auch keine Ware geliefert, Regale bleiben leer, Umsätze brechen ein, wie im Weihnachtsgeschäft voriges Jahr – das wollen Geiwitz und die Galeria-Manager mit aller Macht vermeiden.
Ein zweiter wichtiger Schritt für die Warenhäuser steht dann zu Beginn des neuen Jahres bevor. Benko hatte im Zuge des Insolvenzverfahrens versprochen, für die Filialen 200 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Davon ist bislang offenbar nur ein kleiner Teil geflossen, der Rest soll Anfang nächsten Jahres kommen – auch um dringend nötige Sanierungen in den Häusern anzugehen.
Doch es fragt sich: Wo soll das Geld angesichts der prekären Liquiditätslage der Signa-Holding herkommen? Handelsexperte Gerrit Heinemann ist äußerst skeptisch: "Von dieser Seite wird nicht mehr kommen", sagte er. Schließlich befasse sich Signa derzeit mit Notverkäufen und an Baustellen gebe es Baustopps. Er bezweifelt, dass die Warenhäuser noch aus eigener Kraft lebensfähig sind, auch "weil das permanente Downsizing für den Einkauf zu immer ungünstigeren Konditionen führt". Die Zahl der Kaufhäuser geht seit Jahren zurück. Durch das Dichtmachen von Filialen (Downsizing) kann weniger Ware geordert werden, und damit reduzieren die Lieferanten auch ihre Rabatte, was es schwerer macht, Geld zu verdienen.
Dabei wollte Geiwitz sogar noch mehr Filialen zumachen, als letztlich beschlossen wurde – nur etwa 70 Standorte hielt er für überlebensfähig. Auch wegen massiven Drucks seitens Verdi sind es nun noch die 92 Häuser. Heinemann indes prognostiziert einen noch viel stärkeren Schrumpfungsprozess: "Möglich ist, dass mit den Luxuskaufhäusern der KaDeWe-Gruppe, die ebenfalls zu Signa gehören, eine Restnukleus erhalten wird. Das könnten dann zwischen zehn und 20 Häusern in Metropolen sein." Dies wäre dann fast so etwas wie ein Jurassic Park, "in dem ein paar Dinosaurier noch leben dürfen".