
In ihrer Siegesrede betonte Sheinbaum die Wichtigkeit einer "Beziehung der Freundschaft, des gegenseitigen Respekts und der Gleichheit" mit den USA. Sie versprach, die Mexikaner in den USA stets zu verteidigen. Diese Position deutet auf eine mögliche Neuausrichtung der Migrationspolitik hin, die humaner gestaltet werden könnte. Maria Fernanda Bozmoski vom Atlantic Council sieht in Sheinbaum eine Figur, die für Washington schwieriger zu beeinflussen sein wird, vor allem wegen ihres starken Mandats im mexikanischen Kongress.
Die Kontrolle der Migration bleibt ein zentrales Element in den bilateralen Beziehungen. Duncan Wood vom Mexico Institute betont, dass Mexiko die Migrationsströme als wichtigen Verhandlungspunkt nutzen wird. Sheinbaum dürfte diese Strategie fortsetzen, um Mexikos Interessen gegenüber Washington durchzusetzen.
Der Drogenhandel, insbesondere die Bekämpfung von Fentanyl, wird ebenfalls ein zentrales Thema in den Beziehungen sein. Die USA werden erheblichen Druck auf Sheinbaum ausüben, in dieser Angelegenheit aktiv zu werden. Wood erwartet, dass der Druck besonders in Wahljahren hoch sein wird, da Fentanyl in den USA eine Epidemie von Überdosierungen verursacht hat.
Wirtschaftlich steht Mexiko vor einer entscheidenden Phase. Das 2020 überarbeitete Freihandelsabkommen mit Nordamerika soll 2026 erneut überprüft werden, was potenziell zu Meinungsverschiedenheiten führen könnte. Falls Sheinbaums Regierung umstrittene Reformen umsetzt, die das Geschäftsklima verschlechtern, könnten die Spannungen steigen. Mexikanische Aktien und der Peso reagierten bereits nervös auf ihren Wahlsieg, insbesondere wegen geplanter Verfassungsänderungen wie der Wahl der Richter durch das Volk.
Eine weitere Unbekannte in den Beziehungen ist die mögliche Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus. Sollte er Präsident Biden im November besiegen, könnte dies die Dynamik der Beziehungen erheblich verändern. Pamela Starr von der University of Southern California glaubt, dass Trump versuchen könnte, Sheinbaum herumzukommandieren, was ein starkes Rückgrat von ihr erfordern würde. Wood betont, dass Trumps Verhalten schwer vorherzusagen ist, da er trotz großer Unterschiede eine positive Beziehung zu AMLO aufbauen konnte.
Claudia Sheinbaum tritt ihr Amt mit einem starken Mandat und großen Erwartungen an. Ihre Fähigkeit, diplomatische Beziehungen zu den USA zu pflegen und gleichzeitig die Interessen Mexikos zu verteidigen, wird entscheidend für ihre Präsidentschaft sein. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie sie die komplexen Herausforderungen meistern wird und welche neuen Wege sie für Mexiko und seine Beziehung zu den Vereinigten Staaten eröffnen kann.