
Die Einstufung der Grenzübergänge als kritische Infrastruktur habe "eine andere Art von organisatorischem Regime" zur Folge, sagte Tusk. Er führte aber nicht weiter aus, ob dann noch Proteste an der Grenze erlaubt sein werden. Auch in die Ukraine führende Straßenabschnitte und Bahnstrecken würden auf die Liste gesetzt, fügte Tusk hinzu.
Nach langen Blockaden der polnisch-ukrainischen Grenze durch Transportunternehmen hatten die polnischen Landwirte am Dienstag eine erneute Protestwelle angestoßen und rund hundert Straßen sowie Grenzübergänge gesperrt. Sie protestieren gegen billigere Produkte aus der Ukraine, seit die EU infolge des russischen Angriffskrieges die Zölle auf viele Einfuhren ausgesetzt hat.
Kiew warnte daraufhin am Mittwoch, dass die Verzögerungen an der Grenze Waffenlieferungen für den ukrainischen Kampf gegen die russische Invasion behindern könnten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von den Blockaden als Frage der "nationalen Sicherheit" und bot Regierungschef Tusk an, sich an der Grenze zu Gesprächen über die Blockaden zu treffen.
Tusk sagte hingegen am Donnerstag vor Journalisten, dass Gespräche zwischen den beiden Regierungen für den 28. März in Warschau geplant seien. Es sei "besser, diese Gespräche auf der technischen, organisatorischen Ebene weiterzuführen", fuhr er fort. Vor diesem Termin sei kein weiteres solches Treffen geplant, in der Zwischenzeit werde es aber zu Verhandlungen auf Ministerebene kommen.
Der ukrainische Außenminister Kuleba erklärte indes im Onlinedienst X (früher Twitter), er sei nach Warschau gereist und habe am Donnerstag in der polnischen Hauptstadt "ein offenes Gespräch" mit Vertretern aus Regierung und Parlament geführt. "Ich schätze die Entscheidungen, die die ungehinderte Lieferung von militärischen und humanitären Gütern in die Ukraine ermöglichen", schrieb Kuleba weiter. "Kiew und Warschau verstehen klar, wer unser gemeinsamer Feind ist" und versuchten, "problematische Fragen zu lösen".
Die Ukraine ist wegen des russischen Angriffskrieges und russischer Blockaden im Schwarzen Meer für ihre Im- und Exporte in hohem Maße auf den Straßenverkehr mit dem EU-Mitglied Polen angewiesen. Polen ist einer der größten Unterstützer der Ukraine in Europa - doch der Streit über die Getreideimporte belastet das polnisch-ukrainische Verhältnis seit Monaten.
Unterdessen leitete die polnische Polizei eine Untersuchung zu einem weiteren Vorfall im Zusammenhang mit Landwirten ein. Am Dienstag war in der südpolnischen Stadt Gorzyczki ein Transparent gezeigt worden mit der Aufschrift: "Putin, bring die Ukraine, Brüssel und unsere Regierung in Ordnung." Das vielfach in Onlinediensten verbreitete Foto von dem Transparent löste bei vielen Ukrainern verärgerte Reaktionen aus.
Polen werde es "denen, die offen und aktiv der Propaganda" des russischen Staatschefs Wladimir Putin "dienen", nicht erlauben, Vorteil aus den Protesten der Landwirte an der Grenze zur Ukraine zu ziehen, sagte Tusk. "Jede derartige Unterstützung für Putins Erzählung ist Hochverrat, den wir nicht tolerieren werden."