Selenskyj widersprach damit auch jüngsten Äußerungen aus Moskau. Der Chef der in Bachmut kämpfenden Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hatte behauptet, seine Einheiten hätten Bachmut "rechtlich" eingenommen, weil sie das Gebäude der Stadtverwaltung kontrollierten. "Um so mehr Munition in die Ukraine gelangt, um so schneller werden wir die Lage nicht nur in Bachmut, sondern auf dem ganzen Territorium unseres Staates klären. Für mich ist das Wichtigste, unsere Soldaten nicht zu verlieren und natürlich, wenn es einen Moment noch anderer Ereignisse gibt und die Gefahr besteht, dass wir unsere Soldaten wegen einer Einkreisung verlieren könnten – natürlich werden die entsprechenden richtigen Entscheidungen von Generälen dort getroffen."
Selenskyj dankte bei seinem Besuch in Warschau ausdrücklich für die Hilfe Polens "auf dem schwierigen Weg zu unserem Sieg". Das Land hatte nach Kriegsbeginn im Februar 2022 rund 1,6 Millionen Menschen aus der Ukraine aufgenommen und macht sich immer wieder für mehr westliche Militärhilfe stark - so wie jetzt bei der Lieferung der Kampfjets.
Auch Deutschland unterstützt die Ukraine massiv, doch zog Vizekanzler Robert Habeck nach einem Besuch in Kiew erneut Grenzen: "Wir dürfen nicht Kriegspartei werden. Das ist wichtig, dass diese Grenze immer gewahrt bleibt." Auf die Frage, wo er persönlich eine rote Linie ziehe, sagte der Grünen-Politiker im Deutschlandfunk: "Deutsche Truppen in der Ukraine zu haben." Er fügte hinzu, dass die Bereitstellung von Kampfjets westlicher Bauart bei seinen Gesprächen in der Ukraine keine Rolle gespielt habe. Für Widerspruch des Kanzleramts sorgte Habeck mit einer Äußerung während seines Ukraine-Besuchs, dass Deutschland zu spät Waffen geliefert habe. "Das Bundeskanzleramt ist weiterhin fest der Auffassung, dass wir genau das Richtige immer zum richtigen Zeitpunkt getan haben", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Bundesregierung habe immer nach drei Prinzipien gehandelt: Möglichst starke Unterstützung der Ukraine, Vermeidung eines direkten Konflikts zwischen der Nato und Russland, keine nationalen Alleingänge.
Seit dem Spätsommer versuchen russische Truppen Bachmut im Gebiet Donezk einzunehmen. Der Großteil der Stadt und Teile des Zentrums stehen bereits unter russischer Kontrolle. Im Westteil der Stadt mit ehemals 70.000 Einwohnern leisten die ukrainischen Einheiten jedoch weiter hartnäckigen Widerstand. Russland ist vor mehr als 13 Monaten in die Ukraine einmarschiert.
Selenskyj und Morawiecki haben bei ihrem Treffen einen Vorvertrag über den Kauf neuer polnischer Radschützenpanzer unterzeichnet. "Wir wissen, wie wichtig die Freiheit ist, und deshalb unterstützen wir die kämpfenden ukrainischen Soldaten", sagte Morawiecki am Mittwoch in Warschau, nachdem er gemeinsam mit Selenskyj drei der Radschützenpanzer vom Typ KTO Rosomak hinter dem polnischen Regierungsgebäude inspiziert hatte. Morawiecki hatte vor ein paar Tagen angekündigt, dass die Ukraine hundert Radschützenpanzer bestellen wolle. Der Auftrag wird demnach mit EU-Geldern für Polen und US-amerikanischen Hilfen für die Ukraine finanziert. Der Preis für die Bestellung und der geplante Zeitplan für die Auslieferung der Radschützenpanzer wurden nicht genannt.
Bei dem Modell Rosomak (zu deutsch: Vielfraß) handelt es sich um eine polnische Lizenzversion auf Basis des finnischen Mehrzweckmilitärfahrzeugs Patria AMV. Der Radschützenpanzer verfügt über einen Allradantrieb und wiegt rund 22 Tonnen. Er bietet Platz für Fahrer, Kommandanten und Richtschützen sowie acht Infanteriesoldaten. Zur Bewaffnung zählt eine 30-Millimeter-Maschinenkanone. Das sei Gerät, das die Ukraine dringend brauche, sagte Selenskyj. Zur Lieferung gehörten auch selbstfahrende Mörser Rak auf Basis der Rosomak und "dringend benötigte Piorun-Flugabwehrwaffen". Der ukrainische Präsident sagte, er habe mit der polnischen Seite auch über die Gründung gemeinsamer Rüstungsunternehmen zur Herstellung von Waffen und Munition gesprochen.
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