
Nach Angaben von Türk sind die Vorwürfe gegen die Angeklagten stets vage und die Mindestgarantien für faire Gerichtsverfahren werden nicht eingehalten. Nach Informationen des Büros werden vermeintliche Geständnisse durch Folter erzwungen. Die Exekutionen kämen "staatlich sanktionierten Tötungen gleich", teilte Türk mit.
Die Behörden nutzten die Verfahren, um Menschen zu bestrafen, die ihre Grundrechte ausübten. Sie wollten Angst und Schrecken verbreiten, um abweichende Meinungen zu unterdrücken. "Dies verstößt gegen die internationalen Menschenrechtsnormen", so Türk. Der österreichische Hochkommissar hat angeboten, nach Teheran zu reisen, um mit den Behörden zu sprechen, teilte sein Büro mit. Zunächst finde in Kürze ein Gespräch in Genf statt. Solche Begegnungen gehörten zur Routinearbeit des Hochkommissars. Wer daran genau teilnimmt, werde aus Gründen der Vertraulichkeit nie kommuniziert.
Die Tochter des ehemaligen iranischen Präsidenten Akbar Hashemi Rafsanjani wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, sagte ihr Anwalt am Dienstag. Einzelheiten zu den Anklagepunkten gegen Faezeh Hashemi nannte der Anwalt nicht. Doch die Teheraner Staatsanwaltschaft hat Hashemi im vergangenen Jahr wegen "Propaganda gegen das System" angeklagt, so die halboffizielle Nachrichtenagentur ISNA. Staatliche Medien berichteten im September, sie sei wegen "Anstiftung zu Unruhen" in Teheran bei Protesten festgenommen worden, die durch den Tod einer jungen kurdischen Frau in Polizeigewahrsam ausgelöst wurden. Die Demonstrationen sind seit der Revolution von 1979 eine der größten Herausforderungen für die geistlichen Herrscher des Iran.
"Nach der Festnahme von Frau Faezeh Hashemi wurde sie zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, aber das Urteil ist nicht rechtskräftig", schrieb die Verteidigerin Neda Shams auf ihrem Twitter-Account. Im Jahr 2012 wurde Faezeh Hashemi wegen "staatsfeindlicher Propaganda" zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und von politischen Aktivitäten ausgeschlossen, die auf die umstrittenen Präsidentschaftswahlen von 2009 zurückgeht. Ihr Vater starb 2017.
Die pragmatische Politik der wirtschaftlichen Liberalisierung und der besseren Beziehungen zum Westen des ehemaligen Präsidenten Rafsanjani zog zu seinen Lebzeiten heftige Unterstützer und ebenso scharfe Kritiker an. Er war einer der Gründer der Islamischen Republik.
Auslöser der landesweiten Proteste gegen den repressiven Kurs der Regierung und das islamische Herrschaftssystem war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im September. Sie starb in Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war.
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