"Ich glaube nicht, dass es zu einer Spaltung kommt", sagte Schirdewan dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Hintergrund sind öffentliche Überlegungen der Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht über die Gründung einer neuen Partei. Wissler sagte in Berlin, sie "habe nicht feststellen können, dass es dazu konkrete Planungen dahin gibt". Wagenknecht äußert immer wieder Kritik an der Parteispitze und vertritt Positionen, die intern umstritten sind. Dazu zählte eine Rede im Bundestag, in der Wagenknecht der Bundesregierung vorwarf, einen Wirtschaftskrieg gegen Russland "vom Zaun zu brechen". Wagenknecht und ihre Anhänger halten es für falsch, auf billiges Öl und Gas aus Russland zu verzichten.
Wissler und Schirdewan wollen die Linke hingegen zum "politischen Partner der Klimabewegung" machen und fordern den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas. "Eine hundertprozentige Versorgung mit erneuerbaren Energien ist bis 2035 machbar, wenn es jetzt die entsprechenden öffentlichen Investitionen gibt", heißt es in dem Strategiepapier, das sie zu einer Parteiklausur vorlegten.
Zur Gegenfinanzierung der jährlichen Investitionssumme von 120 Milliarden Euro fordern sie eine Vermögenssteuer auf Summen über eine Million Euro, eine Übergewinnsteuer für "Extraprofite" von Konzernen in der Krise sowie eine Vermögensabgabe auf Nettovermögen über zwei Millionen Euro. Teil des Konzepts ist eine Übernahme wichtiger Branchen der Daseinsvorsorge durch die öffentliche Hand, darunter Wasser, Strom, Heizung, Datennetze - "die gesamte kritische Infrastruktur".
Schirdewan sagte, man wolle "eine neue Wirtschaftsordnung etablieren". Und er kündigte an: "2023 wird das Jahr werden, wo wir die Ampel auffordern werden, nicht nur an den vielfältigen Symptomen der Krisen herumzudoktern, sondern deren Ursachen zu beheben. 2023 wird unsererseits das Jahr, in dem diese Gesellschaft mehr Sozialismus wagen muss." Die Linke war bei der Bundestagswahl 2021 und den folgenden Landtagswahlen jeweils an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Im Bundestag sitzt sie nur deshalb in Fraktionsstärke, weil drei Abgeordnete Direktmandate gewannen. Die Bundestagsfraktion hatte sich am Donnerstag und Freitag in Leipzig zu einer eigenen Klausur getroffen.
In wesentlichen Forderungen stimmen beide Gremien überein, doch einige Schwerpunkte sind unterschiedlich. So heißt es im Positionspapier der Fraktionsspitze: "Deutschland braucht aktuell noch preiswertes Öl und Gas, damit wir Industrieland bleiben und so Arbeitsplätze sichern." Der Energiepolitiker Klaus Ernst hatte beklagt, zum Teil würden nicht die richtigen Schwerpunkte gesetzt. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht nur als Umweltpartei wahrgenommen werden."
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