Aus Sicht der angegriffenen Ukraine wie westlicher Länder fehlt eine Verhandlungsbasis, weil Russland an seinen Eroberungen in der Ukraine festhält und die Kiewer Führung stürzen will. Der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko hat mehrfach schon ein Treffen der Präsidenten Russlands und der USA angeregt. Als Ort schlug er die belarussische Hauptstadt Minsk vor, wo 2015 unter deutsch-französischer Vermittlung ein inzwischen längst gescheiterter Friedensplan ausgehandelt worden war. An diesem Dienstag will Putin in Moskau eine Rede an die Nation halten. Der Kremlchef werde über die "Militäroperation" und deren Auswirkungen sprechen, kündigte Peskow an. Der Begriff Krieg wird in Russland nach wie vor vermieden. US-Präsident Biden wird am selben Tag zu einer Rede in Polens Hauptstadt Warschau erwartet, einem Nachbarland der Ukraine.
Die Ukraine hat Russland wiederum wegen der Zwangsumsiedlung von ukrainischen Staatsangehörigen Völkermord vorgeworfen. "Wenn wir über Genozid in der Ukraine sprechen, dann müssen wir über das Thema der Zwangsdeportationen von Ukrainern und ukrainischen Kindern sprechen", sagte Generalstaatsanwalt Andrij Kostin am Sonntag den Fernsehsendern RTL und ntv. "Zwangsumsiedlung ist ein klarer Beweis für Genozid." Moskau spreche selbst ganz offen von einer "De-Ukrainisierung", sagte Kostin. "Wenn solche Botschaften von hochrangigen Politikern des Aggressors gesendet werden, dann geht es hier nicht nur um Kriegspropaganda, sondern das ist eine klare Anstiftung, Gräueltaten zu begehen." Der Verschleppen von Erwachsenen wie Kindern gilt juristisch als eine Ausprägung von Völkermord.
Moskau dementiert Deportationen. Die Ausreise vieler Ukrainer nach Russland wird als Flucht aus der Kampfzone dargestellt. Die Regierung in Kiew wirft der russischen Armee vor, eine Flucht auf die ukrainische Seite zu verhindern. Vor dem Rückzug russischer Truppen aus dem Gebiet Cherson im vergangenen Herbst wurden viele Ukrainer von dort auf die Krim oder nach Russland gebracht. Auch die Verschleppung von Kindern wird von russischer Seite trotz gegenteiliger Belege bestritten. Wenn Kinder nach Russland verbracht werden, wird dies oft mit medizinischer Behandlung oder Erholung begründet. Russlands Kinderrechtsbeauftragte Maria Lwowa-Belowa berichtete Präsident Wladimir Putin vergangene Woche, dass sie einen 15-jährigen Jungen aus der zerstörten Stadt Mariupol adoptiert habe.
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