
Carroll wirft Trump vor, sie Mitte der 1990er Jahre in einem New Yorker Nobelkaufhaus vergewaltigt zu haben. Trump, der damals noch nicht als Politiker, sondern als Immobilienunternehmer tätig war, wies die Anschuldigung stets zurück - unter anderem mit den Worten, Carroll sei nicht sein "Typ". Strafrechtlich sind die Vorwürfe verjährt, zivilrechtlich stand Carroll der Rechtsweg für eine Klage jedoch offen. Sie fordert eine Entschädigung. Die Plädoyers in dem Fall werden kommende Woche erwartet.
Angesprochen auf Trumps Aussagen, dass Carroll nicht sein Typ sei - ebenso wie eine andere Frau, die ihm einen sexuellen Übergriff vorgeworfen hatte, sagte der Republikaner in dem Vernehmungsvideo an die Adresse der Anwältin Kaplan: "Sie wären auch nicht meine Wahl, um ehrlich zu sein. Ich hoffe, Sie sind nicht beleidigt. Ich hätte auf keinen Fall Interesse an Ihnen." Trump sagte, er wolle nicht beleidigend sein. "Aber wenn mir jemand etwas vorwirft, denke ich, dass ich ein Recht darauf habe, beleidigend zu sein." An anderer Stelle legte Kaplan Trump ein Foto vor, auf dem er Carroll mit seiner damaligen Ehefrau verwechselte. Der Ex-Präsident betonte zugleich mehrfach, dass er Carroll nicht kenne, nichts über "diese Verrückte" wisse und sie auf besagtem Foto lediglich bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung begrüßt habe - ohne sie zu kennen.
Diverse Frauen haben Trump in der Vergangenheit sexuelle Belästigung vorgeworfen, was der stets zurückwies. Während seines Präsidentschaftswahlkampfes 2016 war außerdem eine alte Tonaufnahme publik geworden, in der sich Trump anzüglich und herabwürdigend über Frauen äußerte - und darüber, dass man als Star Frauen auch an ihren Genitalien anfassen könne, wenn man es wolle. Bei der Vernehmung sprach die Anwältin Trump auch auf jenes Video und die Aussagen darin an. Trump verteidigte seine Worte von damals und sagte: "Wenn Sie sich die letzten Millionen Jahre ansehen, ist das wohl weitgehend wahr, nicht immer, aber weitgehend wahr. Leider - oder zum Glück."
Die Amerikaner hatten Trump 2016 trotz der vulgären Aussagen zum Präsidenten gewählt. Und auch viele andere Skandale brachten ihn in der Vergangenheit politisch nicht zu Fall. Bei der Präsidentenwahl 2024 möchte Trump nun erneut für die Republikaner als Kandidat ins Rennen gehen - und unter den potenziellen republikanischen Anwärtern liegt er bislang vorne. Er wertet das Verfahren in New York wie auch andere rechtliche Ermittlungen gegen ihn als Versuch, ihn politisch zu stoppen. In dem nun veröffentlichten Video bezeichnet Trump auch Anwältin Kaplan als "politische Agentin" und als "Schande".
Der Zivilprozess Carrolls gegen Trump steht kurz vor dem Abschluss. Nachdem alle Zeuginnen und Zeugen der klagenden US-Autorin ausgesagt haben, setzte das Gericht die Plädoyers übereinstimmenden Medienberichten zufolge für Montag an - danach würden die Beratungen der Geschworenen folgen. Der Verteidigung steht demnach allerdings noch bis Sonntag offen, doch noch eine Aussage Trumps im Zeugenstand zu beantragen. Eigentlich hatten Trumps Anwälte erklärt, ihr Mandant wolle in dem Verfahren nicht aussagen. Zuletzt hatte Trump sich jedoch gegenteilig geäußert und eine Reise nach New York ins Spiel gebracht.
Der frühere US-Justizminister William Barr hat seinem Ex-Chef, dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump, jede Eignung für eine weitere Amtszeit abgesprochen. Barr sagte bei einer Veranstaltung in Cleveland im Bundesstaat Ohio, auf die Frage, ob Trump emotional fit dafür sei, noch mal ins Weiße Haus einzuziehen: "Wenn man an seine Politik glaubt, (...) dann ist er der letzte, der sie tatsächlich umsetzen und erreichen könnte. Er hat nicht die nötige Disziplin." Trump habe nicht "die Fähigkeit zu strategischem und linearem Denken" oder dazu, Prioritäten zu setzen und Dinge "im System" durchzubringen, kritisierte Barr.
"Es ist eine Horrorshow (...), wenn er sich selbst überlassen ist", sagte der 72-Jährige. Man könne Trumps Politik wollen, "aber Trump wird keine Trump-Politik liefern - er wird Chaos liefern". Trump hatte im vergangenen November angekündigt, er wolle bei der Präsidentenwahl 2024 erneut für die Republikaner ins Rennen gehen. Unter den möglichen republikanischen Anwärtern liegt der 76-Jährige in Umfragen bislang vorne. Barr war von 2019 bis Ende 2020 Justizminister in der Regierung von Trump. Kurz vor dem Ende von Trumps Amtszeit war der Minister damals aus dem Amt geschieden - nach Differenzen mit dem damals abgewählten Präsidenten über dessen Feldzug gegen den Wahlausgang. Trump weigert sich bis heute, seine Niederlage bei der Präsidentenwahl 2020 einzugestehen und behauptet unbeirrt und ohne jeden Beleg, er sei durch massiven Betrug um einen Sieg gebracht worden.
Barr hatte sich bereits in den vergangenen Monaten als scharfer Kritiker seines früheren Chefs hervorgetan und den Ex-Präsidenten etwa mit Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss zur Attacke auf das US-Kapitol belastet. Anhänger Trumps hatten am 6. Januar 2021 gewaltsam den Parlamentssitz in Washington erstürmt.
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