
Auf dem Rückflug von China hatte Macron in einem Interview gesagt: "Das Schlimmste wäre zu denken, dass wir Europäer bei diesem Thema Mitläufer sein sollten und uns an den amerikanischen Rhythmus und eine chinesische Überreaktion anpassen sollten." Demnach wäre es eine Falle für die Europäer, zu einem Zeitpunkt der Klärung der eigenen strategischen Position in fremden Krisen gefangen zu sein. Europa drohe dann Vasall zwischen den USA und China zu sein, obwohl man ein dritter Pol sein könne.
Der niederländische Premier Mark Rutte stimmte Macron in seiner Forderung nach mehr strategischer Souveränität von Europa zu. "Europa muss nicht Spielfeld sein, sondern Spieler", sagte Rutte in Amsterdam am Mittwoch. Europa müsse weniger abhängig werden unter anderem von China, wenn es um Grundstoffe und hochwertige Technologie gehe. Europa müsse auch geopolitisch eine deutliche Stimme bekommen, gerade im Blick auf die grünen und digitalen Ziele Europas. Rutte bestätigte aber zugleich, dass dies keine Schwächung des Bündnisses mit den USA sei. Europa sei zuverlässiger und fester Verbündeter der USA. "Das transatlantische Band ist essentiell."
Macron steht innenpolitisch unter Druck und hat seine umstrittene Rentenreform gegen andauernde Kritik verteidigt, sowie einen Dialog mit den Gewerkschaften in Aussicht gestellt. Das Land müsse weiter vorankommen und er wolle mit den Sozialpartnern über den weiteren Gang der Dinge reden, sagte Macron am Mittwoch während eines Niederlande-Besuchs am Vorabend neuer Proteste in Frankreich. Der Dialog im Geiste der Eintracht sei nötig, unabhängig davon, ob der Verfassungsrat die Reform am Freitag billigt oder Kritik anbringt, meinte Macron.
Die Reform, mit der das Renteneintrittsalter von 62 auf 64 Jahre steigt, sei notwendig, es gehe auch um die Glaubwürdigkeit Frankreichs, sagte Macron. Die öffentlichen Haushalte müssten ins Gleichgewicht gebracht werden und er verteidige das französische Sozialmodell. Dafür aber müsse Frankreich mehr produzieren und sich reindustrialisieren. Von den Gegnern der Reform habe er keine Alternativen zu hören bekommen. Aus dem monatelangen Streit um die inzwischen beschlossene Reform hatte Macron sich weitgehend herausgehalten. Am Donnerstag werden in Frankreich erneut Hunderttausende Demonstranten bei Protesten gegen die Reform erwartet. Am Freitag verkündet der Verfassungsrat das Ergebnis einer Überprüfung des Vorhabens. Er kann die Reform in Teilen oder vollständig kippen oder für verfassungskonform erklären. Macron will, dass die Reform bis Jahresende in Kraft tritt.
dp/pcl