Am Sonntagabend waren Scholz, Paus und Finanzminister Christian Lindner (FDP) zu Gesprächen im Kanzleramt zusammengekommen. Gegen Mitternacht wurde bekannt, dass man sich bei der Kindergrundsicherung zusammengerauft hat. Lindner hatte zuvor im ZDF-"Sommerinterview" gesagt, dass er mit einer schnellen Einigung auf Eckpunkte rechne. Danach würden Verbände und Länder beteiligt, und erst dann werde es einen fertigen Gesetzentwurf geben, der an den Bundestag gehe.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, eine Kindergrundsicherung einzuführen. Bisherige Leistungen wie das Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder oder der Kinderzuschlag sollen darin gebündelt werden. Durch mehr Übersichtlichkeit und mithilfe einer zentralen Plattform sollen auch viele Familien erreicht werden, die bisher wegen Unkenntnis oder bürokratischer Hürden ihnen zustehende Gelder nicht abrufen. "Wir wollen mehr Kinder aus der Armut holen und setzen dabei insbesondere auch auf Digitalisierung", heißt es dazu im Koalitionsvertrag.
Zwischen Grünen und FDP hatte sich allerdings ein Dauerstreit darüber entwickelt, wie viel Geld der Staat nun für die Kindergrundsicherung ausgeben soll und ob Leistungen erhöht werden sollen oder nicht. Die zuständige Familienministerin Paus hatte zuerst 12 Milliarden Euro pro Jahr veranschlagt, sie sprach später von bis zu 7 Milliarden Euro. Finanzminister Lindner nannte als "Merkposten" eine Summe von zunächst nur 2 Milliarden Euro. Auf welche Summe sich die Koalition in den Gesprächen nun geeinigt hat, war zunächst unklar.
Auch vor der Sommerpause hatten sich die Koalitionäre immer wieder gestritten, besonders heftig etwa über das sogenannte Heizungsgesetz. An diesem Dienstag kommen Scholz und die Minister auf Schloss Meseberg bei Berlin zu ihrer fünften Kabinettsklausur zusammen. Der Kanzler bemühte sich am Wochenende um mehr Geschlossenheit in der Ampel-Regierung. Auf die Frage, ob gegenseitige Gesetzesblockaden weitergehen würden, sagte er der Mediengruppe Bayern: "Davor kann ich nur warnen." Zudem sagte er: "Wir sollten uns mehr darauf konzentrieren, die Erfolge der Regierungstätigkeit herauszustellen und die nötigen Diskussionen über unsere Vorhaben intern führen."
Zunächst tagt an diesem Montag und Dienstag in Wiesbaden die SPD-Fraktion - die Fraktion der Grünen kommt parallel in Berlin zusammen. Bei der SPD-Fraktion geht es vor allem um einen staatlich subventionierten Industriestrompreis. Die Abgeordneten der Fraktion, zu denen auch Scholz gehört, wollen dazu ein konkretes Konzept beschließen. Die Fraktionsspitze schlägt einen auf mindestens fünf Jahre befristeten Preis von fünf Cent pro Kilowattstunde für besonders stark von hohen Energiekosten betroffene Unternehmen vor.
Scholz hat sich bisher skeptisch zu der Staatshilfe geäußert. Bei der Klausur muss er nun Farbe bekennen. Das Thema birgt neues Konfliktpotenzial für die Ampel. Die FDP lehnt die Subvention ab, die Grünen sind dafür. Eine weitere Beschlussvorlage für die SPD-Klausur befasst sich mit dem Thema Wohnen. Darin ist die Rede von einem "bundesweiten Mietenstopp". Konkret wird gefordert, dass Mieten in angespannten Wohngegenden in drei Jahren um maximal sechs Prozent und zudem nicht über die ortsübliche Vergleichsmiete steigen dürfen.
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge fordert angesichts steigender Mieten Tempo bei Reformen, die im Koalitionsvertrag mit SPD und FDP angekündigt sind. "Die Verlängerung der Mietpreisbremse, die deutliche Absenkung der Kappungsgrenze und zusätzlich die klare Regulierung von Indexmieten sind dringend notwendig", sagte Dröge den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Mieten stiegen enorm und brächten Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen zunehmend an die Belastungsgrenze. "Trotzdem warten wir nun schon seit 1,5 Jahren auf die Umsetzung des Koalitionsvertrags in Sachen bezahlbare Mieten."
Im Koalitionsvertrag hatten die Ampel-Parteien vereinbart, die Mietpreisbremse bis 2029 zu verlängern und die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen auf elf Prozent in drei Jahren abzusenken. Aktuell gilt eine Grenze für Mieterhöhungen von 20 Prozent in drei Jahren. In Gegenden mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt sie bei 15 Prozent. Pläne zu einer Begrenzung von Indexmieten werden im Koalitionsvertrag nicht genannt. Indexmietverträge ermöglichen es Vermietern, die Mieten jährlich zu erhöhen, wenn die Verbraucherpreise steigen. Der für das Thema zuständige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat sich bisher gegen eine Beschränkung bei Indexmieten ausgesprochen. Zustimmung findet das Thema aber auch bei der SPD.
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