Die Bundesregierung hat in den vergangenen Wochen immer wieder erklärt, dass man sich die Entscheidung nicht leicht machen werde und das Thema weiter mit den Bündnispartnern diskutiere. Deutschland habe der Regierung in Kiew bislang der Anfrage nach den Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern keine formelle Absage erteilt. Intern sei aber klargemacht worden, dass die Taurus-Raketen derzeit nicht geliefert werden. So halte sich Scholz die Option für die Zukunft offen.
Öffentlich hat der Kanzler zuletzt immer wieder erklärt, dass sich Deutschland aktuell auf die Lieferung von Luftabwehrsystemen konzentrieren wolle. Seine skeptische Haltung zu den Marschflugkörpern ist seit langem bekannt. Dahinter steckt, dass mit diesen Waffen auch bis weit auf russisches Territorium geschossen werden kann.
Großbritannien und Frankreich haben trotzdem Marschflugkörper der praktisch identischen Typen "Storm Shadow" und "Scalp" geliefert. Laut "Bild" hat Scholz dazu vergangene Woche in einer Sitzung des Auswärtigen Ausschusses gesagt, dass diese beiden Länder "etwas können, was wir nicht dürfen", und hinzugefügt: "Damit stellt sich die Frage nicht." Gemeint sei damit, dass Großbritannien und Frankreich die Geodaten für Raketenziele selbst lieferten, Großbritannien auch mit eigenem Personal vor Ort in der Ukraine. Das kommt für die Bundesregierung nicht infrage.
Zudem sollen deutsche Regierungsvertreter dem Bericht zufolge die Sorge geäußert haben, dass mit Taurus-Marschflugkörpern die Kertsch-Brücke zwischen dem russischen Festland und der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim getroffen werden könnte.
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter bekräftigte am Mittwoch seine Forderung nach Lieferung der Taurus-Raketen in die Ukraine: "Mit der Absage der Taurus-Lieferung bestätigt Scholz den Totalausfall Deutschlands als selbsternannte Führungsnation für europäische Sicherheit und stößt unsere Partner wie Großbritannien und Frankreich vor den Kopf, die bereits Marschflugkörper liefern", sagte.