Zu diesen Staaten gehört auch das kleine Moldau mit seinen 2,6 Millionen Einwohnern. Die ehemalige Sowjetrepublik ist eines der ärmsten Ländern Europas - und wie die von Russland angegriffene Ukraine seit einem Jahr EU-Beitrittskandidat. Politisch ist das Land aber weiterhin zwischen proeuropäischen und prorussischen Kräften gespalten. In der abtrünnigen Region Transnistrien im Osten des Landes sind seit den 1990er Jahren russische Soldaten stationiert. Dort befindet sich auch ein riesiges Munitionslager der russischen Armee.
Der Gipfel soll nun die Solidarität der Europäer mit Moldau demonstrieren. "Moldau ist in dieser Woche das politische Herz Europas", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch kurz vor Beginn des Gipfels. Die Präsidentin Moldaus, Maia Sandu, wertete das Treffen als Beweis für die wachsende Einheit auf dem Kontinent. Sie erwarte ein Zeichen der Solidarität mit der Ukraine und ein Signal der Unterstützung für Moldau. Neben dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine stehen auf dem offiziellen Programm des EPG-Gipfels die Themen Energieversorgung und Klimaschutz. Dabei geht es auch um die Frage, wie die immer noch große Abhängigkeit europäischer Länder von russischem Gas und Öl reduziert werden kann.
Ob der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an dem Gipfel persönlich teilnimmt, war bis kurz vor Beginn des Treffens unklar. Selenskyj war zuletzt zum Gipfel der Arabischen Liga nach Saudi-Arabien und zum G7-Gipfel führender demokratischer Wirtschaftsmächte nach Japan gereist. Moldau ist für Selenskyj vergleichsweise leicht zu erreichen: Es liegt nur wenige Zugstunden von Kiew entfernt. Außerdem wäre dieser Gipfel der erste, an dem Selenskyj als Mitglied und nicht nur als Gast teilnimmt. Die Ukraine ist Teil der EPG.
Aus Deutschland wollte am Donnerstagmorgen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) anreisen. Es ist seine erste Reise nach Moldau seit seinem Amtsantritt vor knapp 18 Monaten. Neben den 27 EU-Staaten wurden 20 weitere Länder zu dem Treffen eingeladen. Darunter sind Großbritannien, die Türkei, Norwegen, die Schweiz sowie die Westbalkanstaaten Serbien, Montenegro, Nordmazedonien, Albanien, Bosnien-Herzegowina und das Kosovo. Besonders an den Treffen der EPG ist, dass es bei ihnen keine gemeinsamen Abschlusserklärungen gibt. Das ermöglicht freie Diskussionen ohne Einigungsdruck. So ist nach einer gemeinsamen Sitzung auch viel Zeit für Gruppen- und Einzelgespräche der Teilnehmer vorgesehen.
Ein solches Gespräch ist am Rande des Gipfels auch zwischen Scholz, Macron sowie den Präsidenten Serbiens und des Kosovos geplant, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch bestätigte. Bei dem Vierertreffen soll es um die anhaltende Gewalt im Kosovo gehen. Nachbar Serbien will sich mit dem Verlust seiner ehemaligen Provinz nicht abfinden, jüngst kam es dort zu den schlimmsten gewaltsamen Ausschreitungen von Serben und Kosovaren seit Jahren. Bei ihrem Treffen in Moldau kommen die Staats- und Regierungschefs auf Schloss Mimi zusammen, das im 19. Jahrhundert für das Weingut der gleichnamigen Familie erbaut wurde. Im Keller des Prachtbaus können nach Angaben der Regierung Weinfässer mit einer Kapazität von insgesamt rund 300.000 Litern gelagert werden. Das Schloss liegt etwa 35 Kilometer von der Hauptstadt Chisinau entfernt und beherbergt heute auch ein Museum sowie einen Konferenzsaal und ein Hotel.
Für die Sicherheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sorgt unter anderem die Nato. Nach Angaben des Verteidigungsbündnisses werden während des Gipfels Awacs-Aufklärungsflugzeuge im Einsatz sein. Sie basieren auf Flugzeugen vom Typ Boeing 707 und sind mit ihrem pilzförmigen Radaraufbau in der Lage, den Luftraum in einem Umkreis von rund 400 Kilometern zu überwachen. So können beispielsweise sehr früh feindliche Flugzeuge, Raketen und Drohnen entdeckt werden.
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