Der künftige Stellenwert von Bioenergie ist eng verknüpft mit der Zukunft unserer Kulturlandschaften. Die Grundlagen dafür sollen mit einer nationalen Biomassestrategie gelegt werden, die die Bundesregierung im Herbst vorlegen will. Hier zeichnen sich heftige Konflikte ab – innerhalb der Ampel aber auch mit Verbänden und Naturschützern. Positionen liegen extrem weit auseinander: Vom massiven Zurückfahren der Bioenergie bis zu einer starken Ausweitung der Erzeugung von Energiepflanzen. Verschärft wird die Debatte durch die geplanten Regelungen im Gebäudeenergiegesetz (GEG): Die Ampel will Energie, die mit Feldfrüchten, Holz und Bioabfall produziert wird, wieder stärker in den Fokus rücken – als Ersatz für fossile Heizungen.
Besonders umstritten ist die Nutzung von fruchtbaren Äckern für nachwachsende Rohstoffe, da diese Flächen für die Nahrungsmittelproduktion wegfallen. Die gesamte Anbaufläche bewegt sich mit enormen rund 2,5 Millionen Hektar seit 2014 auf weitgehend konstantem Niveau. Den Löwenanteil nahmen 2022 Energiepflanzen ein, die durch Vergärung Biogas erzeugen – ein Gemisch das vor allem aus Methan und Kohlenmonoxid besteht. Der Maisanteil betrug dabei fast zwei Drittel, ergänzt durch Gräser und Zwischenfrüchte, Getreide, Zuckerrüben und die aus Nordamerika stammende Energiepflanze Silphie.
Bei der Erzeugung von Wärme und Kälte spielen vor allem Holz sowie andere feste Biomasse die Hauptrolle: 2022 wurden damit 130,5 Milliarden Kilowattstunden (130,5 Terawattstunden/TWh) erzeugt. Gasförmige Bio-Brennstoffe trugen 20,9 TWh, flüssige 2,5 TWh und Bio-Abfall weitere 15,1 TWh bei. Eine Strommenge von 50,2 TWh wurde im vorigen Jahr aus Biomasse erzeugt – eine leichte Steigerung zum Vorjahr. Das geschah in Biomassekraftwerken, die auf eine Gesamtleistung von knapp zehn Gigawatt (GW) kommen. Das Wachstum hat sich hier in den vergangenen Jahren deutlich verlangsamt.
Bayern und Niedersachsen – zwei Bundesländer mit intensiver Landwirtschaft – liegen unangefochten an der Spitze. Es folgen NRW und Baden-Württemberg. Am Ende befinden sich die naturgemäß Stadtstaaten und das kleine Saarland. Diese Verteilung spiegelt sich auch im Ranking der Kreise wider. In der Spitze liegt Stendal (Sachsen-Anhalt), dicht gefolgt vom Kreis Emsland und Rotenburg/Wümme (ebenfalls Niedersachsen). In zehn weiteren Kreisen sind jeweils mehr als 100 MW installiert.
Als Brennstoff werden in den Kraftwerken und weit überwiegend Biogas (78 Prozent) und Holz (15 Prozent) eingesetzt. Beim Biogas ist der hohe Anteil von 80 Prozent von dafür eigens angebauten Energiepflanzen (insbesondere Mais, aber auch Getreide und Gras) problematisch. Nur etwa ein Fünftel stammt aus Abfällen, Reststoffen und Gülle – hier bestehen beachtliche Potenziale. Ein Vergleich der Stromerzeugung aus Biomasse auf der Ebene der Landkreise müsste um die Zusammensetzung der Ausgangsstoffe relativiert werden. Diese Daten sind bislang auf Anlagenebene nicht ohne Weiteres verfügbar. Daher werden hier die Anteile der Anbauflächen für Silomais, der zur Biogaserzeugung eingesetzt wird, an den jeweiligen landwirtlichen Flächen der Länder gezeigt:
Über dem deutschen Durchschnitt von 5,1 Prozent liegen Niedersachsen (8,1 Prozent) und Schleswig-Holstein (6,8 Prozent), aber auch NRW, Brandenburg und Bayern mit 5,6 und 5,5 Prozent. Insgesamt wird die riesige Fläche von rund 900.000 Hektar für an Maisanbau zur Biogaserzeugung genutzt. Die Problematik, die dahintersteckt, wird noch deutlicher, wenn man zum Vergleich die jeweiligen Anteile an den für die Nahrungsmittelproduktion wichtigen Ackerflächen auf Kreisebene heranzieht: Mais steht für knapp zwei Drittel der Biomasseerzeugung, die auf nachwachsenden Rohstoffen beruht.
Beim Vergleich der verschiedenen Techniken zur Nutzung erneuerbaren Energien ist die jeweilige Flächeninanspruchnahme ein wichtiges Kriterium. Denn insbesondere fruchtbare Flächen sind zunehmend knappe Ressourcen mit entsprechendem Konfliktpotenzial. Verschiedene Studien des Umweltbundesamtes (UBA) haben gezeigt, dass Wind- und Solarenergie der Biomasse in der Flächeneffizienz um ein Vielfaches überlegen sind.
Während die Flächeneffizienz der Bioenergie wenig steigerungsfähig ist, sind die Stromerträge von Photovoltaikanlagen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Den Berechnungen des UBA zufolge kann pro Hektar im Jahr rund 40-mal mehr Strom durch Photovoltaik-Neuanlagen erzeugt werden als beispielsweise beim Maiseinsatz in Biogasanlagen. Auch wenn bei Photovoltaik zum Ausgleich der fluktuierenden Stromerzeugung Speicherverluste oder die Umwandlung in chemische Energieträger berücksichtigt wird, bleibt die Flächeneffizienz von Bioenergie aus Anbaubiomasse deutlich geringer.
Aufgrund des enormen Bedarfs an fruchtbaren Flächen kann die Anbau-Biomasse nach Ansicht des UBA auch künftig mengenmäßig nur sehr gering zur Energieversorgung beitragen, zudem werden auch die Potenziale für biogene Abfall- und Reststoffe als relativ gering eingeschätzt. Um die knappe und somit teure Ressource Bioenergie nicht einfach zu verheizen werden von Experten vor allem Koppelprodukte priorisiert, wie zum Beispiel die gemeinsame Erzeugung von Strom und Wärme in Blockheizkraftwerken.
Gleichwohl will die Bundesregierung den Einsatz von Bioenergie auch fürs Heizen von Wohnungen attraktiver machen. In der jüngsten Version des GEG-Entwurfs wird Biomethan, das aus Biogas gewonnen wird, als Alternative zu fossilem Erdgas ins Spiel gebracht: Das könnte theoretisch darauf hinauslaufen, dass bestehende Gasheizungen zu klimafreundlichen Aggregaten werden, ohne dass größere technische Veränderungen auch an älteren Gasbrennern notwendig würden.
Befeuert werden solche Szenarien durch Berechnungen der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe, wonach etwa neun bis fast zwölf Milliarden Kubikmeter Biomethan jährlich erzeugt werden könnten, um bis zu 13 Prozent des gesamten Gasverbrauchs zu decken – derzeit ist es etwa ein Prozent. Als weitere Alternative soll das Heizen mit Holz im GEG als klimafreundlich deklariert werden und damit nicht nur für bestehende Häuser, sondern auch für Neubauten weiterhin zulässig sein.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) aber warnt: "Die aktuell geplanten Regelungen der Bundesregierung im Heizungsgesetz zu Biomethan und Holz sind fatale Fehler", sagte DUH- Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Dies schaffe in beiden Fällen falsche Anreize und suggeriere Verbrauchern, ökologisch zu handeln, wenn sie Holzscheite oder Pellets verbrennen. Beim Verfeuern werde aber nicht nur gespeichertes CO₂ freigesetzt, zudem entstünden weitere Schadstoffe wie Ruß und Feinstaub. Metz befürchtet eine steigende Nachfrage nach Holz als Brennstoff, wodurch mehr Wald abgeholzt werden könnte.
Ähnlich sieht sie die Lage bei Biomethan. Es bestehe die Gefahr, dass noch mehr Energiepflanzen – insbesondere Mais – angebaut würden, "wodurch höhere Belastungen durch Pestizide entstehen und neue Monokulturen die Biodiversität zusätzlich beeinträchtigen würden." Außerdem sei die Erzeugung von Biomethan – es wird in einem energieaufwendigen Verfahren aus dem Biogas-Gemisch gewonnen – höchst ineffizient und der Brennstoff zudem extrem teuer.
Aus Sicht der DUH-Geschäftsführerin sind sowohl Holz als auch Biomethan als Ersatz für fossile Brennstoffe nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Holzheizungen müssten dann in jedem Fall mit Solarthermie gekoppelt sowie mit Pufferspeichern und einer Abgasreinigung ausgerüstet werden. Auch Biomethan sollte nur dann zulässig sein, wenn der Brennstoff ausschließlich aus Reststoffen und Abfällen erzeugt werde.
dp/fa