Ein Tagungssprecher hatte die Steigerung am Vortag mit "komplexen Herausforderungen für die Sicherheit" und Chinas "Verantwortung als große Macht" begründet. Angesichts zunehmender Drohungen Pekings gegen die demokratische Inselrepublik Taiwan, umstrittener Territorialansprüche Chinas im Ost- und Südchinesischen Meer und der gestiegenen Rivalität mit den USA wird der verstärkte Ausbau der chinesischen Streitkräfte weltweit mit Sorge betrachtet.
Mit Blick auf den Nachbarstaat sprach sich Li Keqiang auch entschieden gegen eine Unabhängigkeit Taiwans aus. In seinem Rechenschaftsbericht rief er zur "friedlichen Wiedervereinigung" mit der demokratische Inselrepublik auf. "Wir Chinesen auf beiden Seiten der Taiwanstraße sind eine Familie - durch Blut verbunden", so der Premier.
Die wirtschaftliche und kulturelle Kooperation mit Taiwan und die "friedliche Entwicklung" der Beziehungen sollten gefördert werden, sagte Li Keqiang vor den knapp 3000 Delegierten. In der Redepassage gab sich der Premier mit dem Hinweis auf die von ihm betonte Blutsbande emotionaler, insgesamt jedoch etwas zurückhaltender als im Vorjahr, als er sich noch ausdrücklich gegen "ausländische Einmischung" und "separatistische Aktivitäten" in Taiwan gewandt hatte.
China betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht letztendlich mit einer Eroberung, falls die "Wiedervereinigung" nicht anders erreicht werden kann. Taiwan gehörte allerdings nie zur 1949 gegründeten kommunistischen Volksrepublik und versteht sich heute längst als unabhängig. Die Insel mit 23 Millionen Einwohnern hat wegen ihrer Lage an wirtschaftlich wichtigen Meeresstraßen geostrategische Bedeutung und wurde von US-Generälen früher auch gerne als "unsinkbarer Flugzeugträger" beschrieben. Experten gehen davon aus, dass im Falle eines chinesischen Angriffs auf Taiwan auch die USA in den bewaffneten Konflikt gezogen werden dürften. Ein Krieg hätte auch enorme Folgen für die Weltwirtschaft. Die Insel ist unter anderem ein führendes Zentrum der Halbleiterindustrie und steht auf Platz 21 der größten Volkswirtschaften der Welt.
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