Biden war am Mittwoch in Irland angekommen - weit mehr als ein offizieller Besuch mit politischen Gesprächen. Der US-Präsident machte sich auf Spurensuche nach der eigenen Herkunft und zelebrierte die irisch-amerikanische Freundschaft und Einwanderungsgeschichte. Mehrmals sagte er: "Ich bin zu Hause". In der mit Flaggen geschmückten Innenstadt von Ballina reihten sich die Menschen am Abend trotz Regens in eine kilometerlange Schlange ein. "Das ist wie ein Märchen, wie ein Film", schwärmte der 30-jährige Owen Gardiner. Auch die über 80 Jahre alte Maire Ní Chathail wollte sich den Auftritt nicht entgehen lassen. Die gläubige Katholikin zeigte sich beeindruckt von Biden, weil der so offen über seine Liebe zu Irland und seinen Glauben spreche. "Er ist eine sehr aufrichtige Person", sagte sie.
Erwartet wurden am Abend etwa 20 000 Menschen - doppelt so viele wie das Städtchen Einwohner hat. Mit Aufritten der Irish-Folk-Gruppe The Chieftains sowie den Rockbands The Coronas und The Academic herrschte gab esschon vor der Rede Festivalatmosphäre. Als Hintergrund für seine Ansprache hatte sich Biden die St.-Murdeachs-Kathedrale ausgesucht. Sein Ur-Ur-Ur-Großvater lieferte einst 27 000 Ziegelsteine für die Pfeiler des Kirchenschiffs. Damit konnte er dann für sich und seine Familie die Überfahrt nach Amerika finanzieren.
Für Father Kieran Holmes, einen von drei Priestern an der Kathedrale, ist der Besuch ein "großartiger Moment". Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: "Es zeigt, was Irland der Welt gegeben hat." Vor der großen "Joe-Show" besuchte Biden den Marienwallfahrtsort Our Lady Knock, der wie Ballina im County Mayo liegt. Dort waren auch schon die Päpste Franziskus und Johannes Paul II. zu Gast. Der regelmäßige Kirchgänger ist nach John F. Kennedy erst der zweite katholische Amtsinhaber im Weißen Haus. Möglicherweise erhofft sich der Demokrat durch den Irland-Besuch auch Stimmen der vielen irischstämmigen US-Bürger.
Biden hat am Rande seiner Irland-Reise erneut eine mögliche Kandidatur bei der Wahl im kommenden Jahr angedeutet. "Ich habe das durchkalkuliert", sagte Biden nach Informationen mitreisender Journalisten am Ende seines Besuchs in dem EU-Land in der Nacht zu Samstag. "Wir werden es relativ bald verkünden." Sein Besuch in Irland stimme ihn optimistisch in Bezug darauf, was erreicht werden könne, sagte Biden demnach. Es ist das bisher deutlichste Bekenntnis des Präsidenten zu einer erneuten Kandidatur, mit der weithin gerechnet wird. Am Ostermontag hatte Biden noch seine übliche Sprachregelung der vergangenen Monate wiederholt, als er sagte, er habe vor, noch einmal zu kandidieren.
Der 80-Jährige hat bereits mehrfach erklärt, dass er die Absicht habe, bei der Präsidentenwahl im November 2024 für eine Wiederwahl anzutreten. Eine offizielle Ankündigung steht aber bisher noch aus. Angesichts seines Alters gibt es selbst in Bidens eigener Partei Vorbehalte, ob er der beste Kandidat wäre. Bei der Wahl 2024 wäre Biden 81 Jahre alt, beim Start in eine zweite Amtszeit 82, an deren Ende dann 86.
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