
Nach Darstellung des Wissenschaftlichen Diensts des Bundestags sieht das 2017 eingeführte schwedische Modell so aus: Im Geburtsjahrgang 2000 gab es 93.000 Männer und Frauen. Alle mussten einen webbasierten Fragebogen zu Motivation, Fähigkeiten und Interessen ausfüllen. Auf dieser Grundlage wurden 11.000 Personen zur Musterung geladen, wo sie insbesondere körperlich untersucht wurden.
Für das Jahr 2019 wurden am Ende 4.000 Rekruten zum Dienst verpflichtet, wobei in der Regel nur Männer und Frauen eingezogen wurden, die auch Interesse geäußert hatten. Der Dienst dauert 12 Monate und wurde damals mit umgerechnet 14 Euro pro Tag vergütet (plus Verpflegung und Unterkunft).In Deutschland werden im Jahr rund 750.000 Kinder geboren. Die Zahlen lägen also etwa acht mal so hoch wie in Schweden.
Da es um eine Wehrpflicht geht, müssen nach dem schwedischen Modell auch dann Rekruten eingezogen werden, wenn sich nicht genügend geeignete junge Männer und Frauen interessieren. Es geht also nicht nur um eine Musterungspflicht, wie manche in Deutschland das Modell derzeit missverstehen.
Die Einführung des schwedischen Modells in Deutschland könnte, wenn es tatsächlich zu Zwangseinberufungen kommt, zu Problemen mit der Wehrgerechtigkeit führen. Danach müssen "möglichst alle verfügbaren Wehrpflichtigen" auch zum Wehrdienst herangezogen werden, so das Bundesverwaltungsgericht in einem Grundsatzurteil von 2005. Der Gesetzgeber könne allerdings im Wehrpflichtgesetz die Tauglichkeits-Anforderungen hochsetzen oder Wehrdienstausnahmen ausweiten (etwa für Verheiratete). Das schwedische Modell, bei dem nur ein kleiner Teil der Männer und Frauen am Ende Dienst leisten muss, wäre mit deutschen verfassungsrechtlichen Vorgaben aber kaum vereinbar.
Das gleiche gilt für einen zweiten Aspekt. In Schweden gilt die Wehrpflicht für Männer und Frauen, während sie im deutschen Grundgesetz nur für Männer vorgesehen ist. Für Frauen könnte sie deshalb nicht einfach per Gesetz eingeführt werden, denn laut Grundgesetz sind Zwangsdienste grundsätzlich verboten. Auch hier wäre eine Grundgesetzänderung mit Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich.