
Merz hatte am Mittwoch in einer Diskussion über die Migrationspolitik im Fernsehsender Welt gesagt: "Die werden doch wahnsinnig, die Leute, wenn die sehen, dass 300.000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen. Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine." SPD und Grüne reagierten empört. Tatsächlich bekommen Asylbewerber - auch Geduldete, deren Antrag abgelehnt wurde - in den ersten 18 Monaten nur eine medizinische Akutversorgung, danach aber nahezu vollen Zugang zum Gesundheitssystem.
In der Union bekam Merz eher Rückendeckung. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) erklärte, Merz habe nur auf die generelle Belastung des Staates, der Gesellschaft und der Sozialsysteme durch die stark gestiegende irreguläre Migration aufmerksam machen wollen. Andere, wie der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), schwiegen.
Der frühere Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission, der Historiker Andreas Rödder, pflichtete Merz bei. Was der Parteichef anspreche, sei "die toxische Kombination, unter der unser Land leidet: die Überforderung durch ungesteuerte Migration plus die wachsenden Defizite unserer Infrastruktur. Insofern hat er völlig recht", sagte Rödder. "Das Problem von Friedrich Merz ist nicht die Aufregung der Linken, sondern sind die Heckenschützen in der eigenen Partei."
Am Mittwoch hatte Kanzler Olaf Scholz noch ein Machtwort gesprochen. Der SPD-Politiker hatte in der Kabinettssitzung erklärt, dass er die Zustimmung der Bundesregierung zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) erwarte, auf das sich die Innenminister der Europäischen Union Anfang Juni im Grundsatz verständigt hatten und an das sie am Donnerstag in Brüssel weiter Hand anlegten. Es sieht im Kern Asylverfahren für Menschen ohne echte Bleibeperspektive an den EU-Außengrenzen vor – sowie die Verteilung der anerkannten Flüchtlinge auf die Mitgliedsstaaten.
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