Zugleich ließ Scholz offen, wie viele deutsche Soldaten in Litauen stationiert werden sollen im Rahmen der Zusage, eine Brigade mit 3000 bis 5000 Soldaten für den Schutz des Landes abzustellen. Angesprochen auf litauische Erwartungen, die Brigade komplett in dem Land zu stationieren, antwortete der Kanzler ausweichend.
In der Frage der Unterstützung der Länder an der Nato-Ostgrenze sei Deutschland "sehr vielfältig unterwegs hier im Baltikum, aber nicht nur da". Dazu gehöre auch die Präsenz von Soldaten in Litauen. "Dazu gehört auch, dass jetzt dort die Infrastrukturen entwickelt werden. Und wir haben ja außerdem zugesagt, dass wir die Strukturen schaffen werden, um immer Truppen sehr schnell dahin verlegen zu können." Scholz betonte, Teile der abgestellten deutschen Kampfbrigade würden in den kommenden Wochen erneut für eine Übung nach Litauen verlegen.
Die Bundeswehr hält seit Herbst 2022 die Panzergrenadierbrigade 41 "Vorpommern" in Deutschland zur Verteidigung Litauens bereit. In Litauen gibt es bisher nur einen Gefechtsstand, der mit rund 20 Soldaten besetzt ist. Er soll Waffen und Material im Land vorhalten. Im Spannungsfall soll so eine umgehende Verlegung der restlichen Soldaten binnen zehn Tagen möglich sein. Zudem gehören 760 weitere deutsche Soldaten einem Nato-Gefechtsverband in Litauen an, der von der Bundeswehr geführt wird.
"Die Sicherheitslage hier im Baltikum, an der Ostflanke der Nato, bleibt heikel", betonte Scholz in Tallinn. Die nötigen Schritte habe man eingeleitet. "Wir richten die Bundeswehr konsequent auf die Verteidigung Zentral- und Nordosteuropas aus", betonte der Bundeskanzler. "Indem wir die Verteidigung unserer Verbündeten stärken, erhöhen wir die Sicherheit für das gesamte Bündnis, und damit für Europa."
Estland, Lettland und Litauen gehören seit 2004 der EU und Nato an. Die drei Ostseestaaten grenzen an Russland und teils an dessen Verbündeten Belarus. In Berlin kündigte Verteidigungsminister Boris Pistorius an, dass die Bundeswehr auch den anstehenden Nato-Gipfel in Litauen mit absichert und dafür Patriot-Flugabwehrsysteme aus der Slowakei verlegt. Das Spitzentreffen der Militärallianz findet im Juli in der litauischen Hauptstadt Vilnius statt.
Die drei baltischen Regierungschefs forderten die Verbündeten in Tallinn zu höheren Militärausgaben auf und machten sich dafür stark, die von Russland angegriffene Ukraine zum Nato-Mitglied zu machen. "Für Frieden in Europa brauchen wir die Ukraine in der EU und in der Nato", sagte Gastgeberin Kallas. Es dürfe keine Grauzonen in Europa geben - diese seien Nährboden für Kriege. Die Erweiterung von EU und Nato habe Stabilität geschaffen. Dies zeige sich beispielhaft an den baltischen Staaten, sagte die estnische Regierungschefin.
Estland, Lettland und Litauen betrachten den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als direkte Gefahr für ihre Sicherheit. Sie haben ihre Militärausgaben bereits massiv aufgestockt und rüsten ihre eigenen Streitkräfte auf. Als Verfechter einer klaren Haltung des Westens gegen Russland dringen sie auf weitere EU-Sanktionen gegen Moskau und Waffenlieferungen an die Ukraine. Entschieden fordern sie auch eine Stärkung der Nato-Ostflanke. Der Ukraine sicherten Scholz und die baltischen Regierungschefs weitere Hilfe zu - so lange wie nötig.
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