Sein vorläufiges Nein zu Taurus begründete Scholz damit, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen werden könnte. Stattdessen sagte er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag am Rande des Europa-Gipfels in Granada ein weiteres Patriot-Flugabwehrsystem für die Wintermonate zu.
Heusgen hielt die Sorge von Scholz für unbegründet, dass es für Taurus deutsche Soldaten in der Ukraine brauche. Denn nach britischen und französischen Angaben könnten inzwischen Ukrainer solche Waffen selbst programmieren. "Dann sehe ich keine Bedenken, warum wir nicht im Verbund mit England und Frankreich diese wichtigen Marschflugkörper liefern sollten", sagte Heusgen. Vor allem die Entsendung eigenen Personals in die Ukraine kommt für die Bundesregierung nicht infrage.
Es sei für die Ukraine auch rechtmäßig, mit diesen Waffen die russisch besetzte Halbinsel anzugreifen, sagte Heusgen. Selbst die von Russland "gegen Völkerrecht" gebaute Krim-Brücke Kertsch sei ein "legitimes Ziel". "Wenn man die dann auf völkerrechtlich ukrainischem Territorium trifft, dann wäre das ein legitimes Ziel, und es wäre sogar ein wichtiges Ziel, weil dadurch ja der Nachschub für die Russen ja dann auch unterbrochen werden würde", sagte Heusgen. Mit den von Scholz zugesagten Patriot-Raketen könne man kein ganzes Land schützen.
Ende Mai hatte Kiew offiziell auch bei der Bundesregierung angefragt, ob sie ihre Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern bereitstellen kann. Das ukrainische Militär benötigt die Raketen, um russische Stellungen weit hinter der Frontlinie angreifen zu können.