Lange ist es her, dass die Liberalen triumphieren konnten. Das war bei der Bundestagswahl im Herbst 2021, wo sie exzellente 11,5 Prozent holten. Seitdem ging es nur bergab - bei den Landtagswahlen, aber auch in den bundesweiten Umfragen, wo die FDP jetzt bei 6 bis 8 Prozent angekommen ist. Und die weiteren Wahlen in diesem Jahr könnten ebenfalls schwierig werden. So ist etwa Bremen, wo im Mai gewählt wird, nicht gerade ein FDP-Pflaster. Schon mehrfach scheiterten die Freien Demokraten dort an der Fünf-Prozent-Hürde. Gleiches gilt für Bayern. Dort wird im Oktober ein neuer Landtag gewählt. Noch am erfolgversprechendsten ist für die FDP die Hessen-Wahl am selben Tag.
Im Grunde kann Parteichef Christian Lindner am heutigen Montag die gleiche Analyse vornehmen wie nach der vergeigten Niedersachsen-Wahl im vergangenen Oktober. Der FDP gelinge es gegenwärtig nicht, für ihr klares Profil hinreichend Unterstützung zu bekommen, bedauerte er damals. Sie stelle sich der Herausforderung, das als richtig erkannte Profil "jetzt herauszuarbeiten und zu stärken". Es gehe darum, "wie wir die Positionslichter der FDP anschalten". In den vier Monaten bis zur gestrigen Berliner Abgeordnetenhauswahl ist dies ganz offensichtlich nicht gelungen. "Selbstverständlich hat das auch Folgen mit Blick auf Berlin", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Wahlabend in der "Berliner Runde" des ZDF und meinte damit die Ampel. "Ich bleibe dabei, dass die FDP, vor allem die Stimme der FDP innerhalb der Koalition, innerhalb der sogenannten Ampel-Koalition noch deutlicher sein muss."
Vielleicht ist es ja einfach so, dass die FDP-Klientel nach wie vor damit hadert, dass ihre Partei diese "sogenannte Ampel-Koalition" überhaupt eingegangen ist. Lindner kennt die Vorbehalte und erklärt gern, dass diese Koalition keine Liebesheirat war, sondern eine reine Vernunftehe ist. "Die FDP ist diese Ampel aus staatspolitischer Verantwortung eingegangen, weil CDU und CSU nicht regierungsbereit waren. Wir sind sie eingegangen, weil wir mussten", sagte er beispielsweise im vergangenen Jahr im ZDF-Sommerinterview. "Aber wir sind in der Ampel, weil wir Gutes bewirken."
Das scheint allerdings noch nicht bis zu den Wählerinnen und Wählern durchgedrungen zu sein. Was den politischen Gegner freut. "Die Ampel ist ein regelrechtes Abwrackprogramm für die FDP", diagnostizierte CSU-Generalsekretär Martin Huber in der "Berliner Runde" nicht ohne einen Schuss Häme.
Erstaunlich ist, dass es trotz der Pleitenserie bisher keine offene Kritik an der Parteiführung gibt. Wenn Journalisten diese abrufen wollen, wenden sie sich regelmäßig an Gerhart Baum. Das FDP-Urgestein haut als Einziger mal ein paar kritische Sätze raus. Nach der Wahl in Niedersachsen verlangte er zum Beispiel ein klareres Bekenntnis der FDP zur Ampel-Koalition. "Wer sich dauernd darüber beklagt, dass er mit zwei Linksparteien im Boot sitzt, der vergisst, dass er das Boot mitsteuern kann. Und er vergisst, dass er auch gefragt werden könnte, warum er denn nicht aussteigt", sagte Baum damals der Deutschen Presse-Agentur. Das klingt heute so aktuell wie damals.
Sollte der Parteibasis nach dem Verteilen von Denkzetteln zumute sein, böte sich Ende April eine gute Gelegenheit dazu. Dann trifft sich die FDP zum Bundesparteitag und wählt die Führungsmannschaft neu. Die Richtschnur für Lindner sind 93 Prozent, sein Ergebnis von vor zwei Jahren.
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